Essen. Wegen der Corona-Krise plant nun auch der Essener Energiekonzern Eon eine virtuelle Hauptversammlung. Hochtief und Bayer gehen ähnlich vor.
Neben Bayer und Hochtief plant nun auch der Essener Energieversorger Eon eine virtuelle Hauptversammlung. Die Veranstaltung soll am 28. Mai entsprechend den kürzlich im Zuge der Corona-Krise geschaffenen neuen Regeln des Aktiengesetzes als Online-Hauptversammlung ohne physische Teilnahme der Anteilseigner stattfinden, teilte das Unternehmen mit. Eon wolle dabei besonderen Wert darauf legen, auch in dem virtuellen Format die Rechte der Aktionäre „bestmöglich“ zu gewährleisten.
„Auch wenn wir im Interesse aller auf Distanz bleiben, werden die Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung die Möglichkeit haben, ihre Fragen zu stellen“, betonte Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen. Die Stimmabgabe werde für die Aktionäre auch während der Hauptversammlung noch möglich sein.
In den vergangenen Tagen ist auch die Liste der Unternehmen, die wegen der Corona-Pandemie ihre Hauptversammlungen verschieben, länger geworden. So hatten unter anderem der Bochumer Immobilienkonzern Vonovia und der Essener Chemiekonzern Evonik verkündet, das Aktionärstreffen werde später im Jahr nachgeholt.
Ursprünglich hatte Evonik für den 27. Mai in die Essener Grugahalle eingeladen. Nun sei eine Versammlung am 31. August geplant – in welcher Form, hänge vom weiteren Verlauf der Infektionswelle ab, wie das Unternehmen erklärte.
Auch Hochtief und Bayer setzen auf reine Online-Formate
Wie Eon setzen auch der Essener Baukonzern Hochtief und der Leverkusener Chemie- und Pharmakonzern Bayer auf reine Online-Hauptversammlungen – beide am 28. April. Bayer-Vorstandschef Werner Baumann lobte, dass der Bundestag dies „in dieser außergewöhnlichen Lage“ möglich gemacht habe.
Üblicherweise schreibt das Aktiengesetz vor, dass sich Vorstand, Aufsichtsrat und Eigentümer gemeinsam an einem Ort treffen müssen. Vorübergehend bekommen Aktiengesellschaften nun die Möglichkeit, virtuelle Hauptversammlungen zu organisieren – ein Novum in Deutschland.
So ist bei Bayer eine Übertragung auf der konzerneigenen Website geplant. Aktionäre sollen ihre Fragen an das Management bis zum 25. April einreichen. Abgestimmt werden soll vorab per Briefwahl oder online während der Veranstaltung. Damit soll auch die Auszahlung der Dividende möglich werden.
Die Pläne von Hochtief gehen aus einer Einladung hervor, die das Unternehmen auf seiner Website veröffentlicht hat. Der Baukonzern gehört mehrheitlich dem spanischen Baukonzern ACS, der mit der virtuellen Hauptversammlung pünktlich seine Dividende erhalten dürfte.
Deka-Experte Speich in Sorge um die „Aktionärsdemokratie“
Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka äußerte im Gespräch mit unserer Redaktion zwar Verständnis für das Vorgehen der Unternehmen und sagt: „In dieser schwierigen Zeit sollte die Gesundheit aller Teilnehmer nicht aufs Spiel gesetzt werden.“ Speich betonte aber: „Virtuelle Hauptversammlungen sollten die Ausnahme bleiben, sonst droht der Aktionärsdemokratie Schaden.“ Es schränke die Aktionärsrechte erheblich ein, wenn es keine Aussprache direkt vor Ort gebe. „Es muss möglich bleiben, Kritik zu üben“, mahnte Ingo Speich. Außerdem sei zu befürchten, „dass rein digitale Aktionärsversammlungen ziemlich blutleere Veranstaltungen werden“.
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Ähnlich äußerte sich Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Eine Blaupause für eine grundsätzliche Neugestaltung der Hauptversammlung ist das sicher nicht“, sagte Tüngler mit Blick auf das reine Online-Format. Er rät den Unternehmen, die „Hauptversammlungen zu einem späteren Zeitpunkt – wie gewohnt – als Präsenzveranstaltung nachzuholen“. In der Corona-Krise habe der Gesetzgeber dafür die Frist bis Ende des Jahres verlängert. So verschiebt der Bochumer Immobilienkonzern Vonovia zwar seine Hauptversammlung, strebt aber weiterhin eine Präsenzveranstaltung an – und zwar für den 30. Juni.
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Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall setzt wie Bayer auf ein reines Online-Format. Vorstandschef Armin Papperger sagte zur Begründung, die Aktionäre sollten sich „gerade in der gegenwärtigen Krisensituation“ auf eine Auszahlung der Dividende verlassen können.