Düsseldorf. Mehrere Hundert Real-Mitarbeiter protestieren in Düsseldorf gegen den Verkauf der Kette. Was sie von der Metro, dem Käufer und der Politik fordern.

Böller und ein ohrenbetäubendes Trillerpfeifen-Konzert begrüßt die Aktionäre des Handelskonzerns Metro. Die Polizei hat die Düsseldorfer Stadthalle, vor der mehrere Hundert Real-Mitarbeiter demonstrieren, weiträumig abgesperrt. Die Stimmung ist angespannt.

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Die Metro ist sich gerade mit dem russischen Finanzinvestor SCP über den Verkauf der 276 Real-Filialen mit ihren 34.000 Beschäftigten einig geworden. Was aus den Arbeitsplätzen werden soll, ist völlig unklar. Die Gewerkschaft Verdi hat deshalb die Real-Beschäftigten in NRW für diesen Freitag zum Streik aufgerufen. Und sie sind zu Hunderten nach Düsseldorf gekommen – aus Bochum-Langendreer, Wattenscheid, aus Südwestfalen und Dinslaken. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Arbeit klaut“, skandieren sie immer wieder und blasen in die Trillerpfeifen, wenn eine Limousine auf den VIP-Parkplatz an der Düsseldorfer Messe fährt.

Die Real-Beschäftigten sind verbittert. Im September 2018 hatte Metro-Chef Olaf Koch angekündigt, die SB-Warenhauskette zu verkaufen. Jetzt hat er mit der SCP-Gruppe einen Erwerber gefunden. Doch die Mitarbeiter wissen immer noch nicht, was aus ihnen wird. Einer von Ihnen ist Marko Lieber, Betriebsratsvorsitzender bei Real in Bochum-Langendreer. Er ist seit 28 Jahren für Real tätig und hat dort schon seine Lehre gemacht. „Wir haben Angst um unsere Zukunft“, sagt Lieber und spricht damit allen anderen Kolleginnen und Kollegen aus dem Herzen. „Bei uns arbeiten ganze Familien-Generationen. Die fürchten jetzt alle, arbeitslos zu werden.“

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Der künftige Real-Eigentümer will nach Metro-Angaben 30 Märkte schließen. Eine Liste der betroffenen Filialen gibt es nach Informationen unserer Redaktion aber noch nicht. Doch nicht nur diese Stellen sind bedroht. Marko Lieber arbeitet in der Elektroabteilung bei Real in Langendreer. „Edeka, Rewe und all die anderen haben doch gar nicht diese Sortimente“, sagt der Betriebsrat im Hinblick auf die SCP-Pläne, knapp 200 Real-Märkte an Wettbewerber weiterzuverkaufen. In Rede steht auch, dass die Verkaufsflächen in vielen Filialen verkleinert werden sollen. Auch das könnte Arbeitsplätze kosten.

„Es gibt keine Transparenz“, beklagt Marko Lieber. „Wir haben seit Jahren auf Gehalt verzichtet. Und jetzt lässt man uns im Stich.“ Enttäuscht ist man nicht nur über Metro-Chef Koch, sondern auch über die Politik. Die Demonstranten fordern Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zur Unterstützung auf.

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Die größte Kritik wird aber an der Bundesregierung laut. „Herr Wirtschaftsminister Altmaier, kriegen Sie Ihren Arsch hoch und kommen endlich hierher“, ruft Orhan Akman, Fachgruppenleiter Einzelhandel bei Verdi in Berlin. Der Gewerkschafter übt auch scharfe Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „In der Großindustrie und bei den Autobauern schaltet sich Frau Merkel ein. Der Einzelhandel scheint bei ihr keine Bedeutung zu haben“, sagt Akman im Gespräch mit unserer Redaktion.

Inzwischen hat in der Stadthalle die Hauptversammlung begonnen. Metro-Chef Koch erwähnt die Demonstranten vor der Tür mit keinem Wort. Zu einer emotionalen Bemerkung lässt er sich dann aber doch hinreißen. „Der Verkauf von Real schmerzt mich auch persönlich“, sagt der Manager. Die Verhandlungsdelegationen von Metro und SCP säßen gerade beim Notar, um den Kaufvertrag für Real zu fixieren. Was das für die Beschäftigten heißt, bleibt auch an diesem Vormittag unklar.

Verdi fordert Beschäftigungsgarantie

Metro-Chef Koch betont zwar, dass die Beschäftigten in den 50 Real-Märkten, die weitergeführt werden, ihre Stellen behalten. Für die große Mehrzahl der Filialen, die verkauft werden sollen, gibt es aber keine Garantien. „Die Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen und die Real-Mitarbeiter weiterbeschäftigen“, fordert deshalb Verdi-Experte Akman von SCP, Kaufland, Edeka & Co. Er traut der Ankündigung von Koch, dass „nur“ 30 Real-Filialen geschlossen werden. „Die großen Verkaufsflächen sind doch ein Problem“, so Akman.