Essen. Der finnische Konzern Kone zweifelt die Zahlungsfähigkeit von Thyssenkrupp an. Thyssenkrupp-Finanzchef Dietsch spricht von einem „Affront“.

Thyssenkrupp-Finanzchef Johannes Dietsch spricht von einem „Affront“ durch den finnischen Rivalen Kone. Nach dem Abbruch der Verhandlungen zu einer möglichen Übernahme der Thyssenkrupp-Aufzugsparte hat Kone öffentlich die Zahlungsfähigkeit des Essener Industriekonzerns angezweifelt. Dietsch konterte mit einem Schreiben an die Thyssenkrupp-Führungskräfte.

„Wir haben uns zurückgezogen, weil wir nicht sicher sein konnten, dass unsere Vorauszahlung auch sicher sein wird“, ließ sich Kone-Chef Henrik Ehrnrooth vom „Handelsblatt“ zitieren. Nachdem die Ratingagentur Moody’s Thyssenkrupp herabgestuft hatte, sei „das Risiko einer Insolvenz einfach zu groß geworden“, so Ehrnrooth.

Thyssenkrupp-Finanzchef Dietsch reagierte unmittelbar und schickte eine Information an die Führungskräfte des Ruhrkonzerns. In dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es: „Es entspricht nicht unserem Stil, solche Aussagen eines Wettbewerbers oder dessen Beweggründe zu kommentieren. In diesem Fall sehen wir uns jedoch gezwungen, Ihnen gegenüber für Klarheit zu sorgen.“

„Eine Insolvenzmöglichkeit überhaupt ins Spiel zu bringen, ist daher ein Affront“

Thyssenkrupp verfüge per Ende Dezember über eine Liquidität von 5,1 Milliarden Euro, die sich aus liquiden Mitteln und freien, fest zugesagten Kreditlinien zusammensetzt, erklärte Dietsch. „Durch die anstehende Elevator-Transaktion erwarten wir zudem einen erheblichen Mittelzufluss und eine Eigenkapitalstärkung. Eine Insolvenzmöglichkeit überhaupt ins Spiel zu bringen, ist daher ein Affront. Entsprechend haben wir Kone eindrücklich aufgefordert, solche Aussagen zu unterlassen.“

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Der finnische Aufzugkonzern Kone war am Montag im Bieterwettstreit um die Thyssenkrupp-Aufzugsparte ausgeschieden. Thyssenkrupp teilte mit, nun bevorzugt mit Finanzinvestoren verhandeln zu wollen. „Ziel ist es, kurzfristig eine Einigung über einen Mehrheits- oder Vollverkauf zu erzielen“, erklärte der Essener Industriekonzern. In der Thyssenkrupp-Aufzugsparte sind mehr als 50.000 Menschen beschäftigt, fast jeder dritte Mitarbeiter des Konzerns.

Thyssenkrupp verhandelt jetzt mit Finanzinvestoren zur Sparte Elevator

Nach „sorgfältiger Bewertung eines umfangreichen Kriterienkatalogs“ habe sich Thyssenkrupp entschieden, mit zwei Konsortien aus Finanzinvestoren – Blackstone, Carlyle und Canadian Pension Plan Investment Board einerseits sowie Advent und Cinven andererseits – vorrangig zu verhandeln, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens vom Montag.

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Dietsch verwies in dem aktuellen Führungskräfteschreiben darauf, dass sich Kone-Chef Ehrnrooth gegenüber diversen Medien geäußert und die Solvenz von Thyssenkrupp in Frage gestellt habe. Dietsch zitierte Äußerungen des Kone-Chefs in der „Wirtschaftswoche“, der Ehrnrooth gesagt habe: „Wir waren bereit, an Thyssenkrupp vorab 2,5 Milliarden Euro zu zahlen. Wir mussten sicher sein, dass Thyssenkrupp am Ende noch solvent ist. Und da waren wir uns nicht mehr so sicher. Für uns hätte das bedeutet, wir verlieren 2,5 Milliarden Euro. Dieses Risiko wollten wir am Ende nicht eingehen.“

Aktionärsschützer erwägen rechtliche Schritte gegen Kone – Bafin ebenfalls aktiv

Aktionärsschützer erwägen rechtliche Schritte gegen Kone. „Man muss sich als Aktionär fragen, ob man hier bewusst und gewollt geschädigt worden ist“, sagte Marc Tüngler, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), unserer Redaktion. „Wir schauen uns an, ob das auch juristisch relevant ist.“ Der Aktienkurs von Thyssenkrupp war nach den Äußerungen von Kone-Chef Ehrnrooth erheblich gesunken. „Es ist hässlich und stillos, sowas zu machen“, sagte Tüngler zu den Bemerkungen des Kone-Chefs.

Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) will sich eigenen Angaben zufolge mit den Vorgängen befassen. Zur Frage, ob die Bafin die aktuellen Vorgänge um Thyssenkrupp überprüfen werde, gegebenenfalls mit Blick auf eine mögliche Marktmanipulation, erklärte die Behörde: „Ja, wir werden uns das routinemäßig ansehen.“

Der finnische Konzern Kone hatte nach eigenen Angaben ein Angebot in der Größenordnung von etwa 17 Milliarden Euro für Thyssenkrupp Elevator vorgelegt. Das Konsortium um den Vermögensverwalter Blackstone bietet Insidern zufolge rund 16 Milliarden Euro. Die Essener RAG-Stiftung ist an der Offerte beteiligt, die von den Finanzinvestoren Advent und Cinven vorgelegt worden ist.