Essen. Die Strompreise steigen unterschiedlich stark in den Städten des Ruhrgebiets. Verbraucherzentrale NRW: Kunden werden zum Teil geschröpft.

Zum Jahreswechsel ist der Strom vielerorts in Deutschland deutlich teurer geworden. Auch in NRW haben zahlreiche Versorger ihre Preise erhöht. Im Ruhrgebiet bitten die Stadtwerke Bochum ihre Kunden in der Grundversorgung mit einer Anhebung um neun Prozent zur Kasse. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Check24 entstehen den betroffenen Kunden in Bochum bei einem Stromverbrauch von 5000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr Mehrkosten von 131 Euro im Jahr.

In NRW haben nach Angaben des Vergleichsportals 73 Strom-Grundversorger zu Jahresbeginn die Preise erhöht. Bei Emscher Lippe Energie (ELE) aus Gelsenkirchen beispielsweise steigen die Kosten bei einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden um sechs Prozent auf 1667 Euro. Bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO) liegt der Preisanstieg bei vier Prozent auf 1617 Euro. Die Stadtwerke Herne erhöhen um 3,9 Prozent auf 1624 Euro. In Velbert sind es sogar 6,9 Prozent auf 1791 Euro. Kein Grundversorger in NRW habe zum 1. Januar den Strompreis gesenkt, berichtet Check24-Manager Lasse Schmid: „Der Strompreis klettert von Rekord zu Rekord.“

Als Grund für die Preiserhöhungen gaben die Stromversorger gestiegene Umlagen und Netzgebühren an. Die EEG-Umlage, über die der Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert wird, steigt zum Jahreswechsel um rund fünf Prozent auf 6,756 Cent je Kilowattstunde. Sie macht etwa 22 Prozent des gesamten Strompreises aus. Auch die Gebühren für die Stromnetze, auf die ein weiteres knappes Viertel des Gesamtpreises entfällt, gehen in die Höhe – allerdings regional unterschiedlich.

Verbraucherzentrale NRW kritisiert „Welle an Preiserhöhungen“

Die Stadtwerke Bochum betonen, im Jahr 2019 habe man die Strompreise noch stabil gehalten. Für das Jahr 2020 rechnet Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Thiel indes mit einem Anstieg der Beschaffungskosten. Mit künftig 1591 Euro bei einem Jahresverbrauch von 5000 kWh liege das Unternehmen im regionalen Vergleich „weiterhin am unteren Ende der Preisskala“.

Verbraucherschützer sehen die Entwicklung in der Branche kritisch. „Diese Welle an Preiserhöhungen ist nicht gerechtfertigt“, sagt Energieexperte Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW unserer Redaktion. Zwar seien die EEG-Umlage und in einigen Regionen auch die Netzentgelte gestiegen, die Beschaffungskosten aber seien 2019 deutlich gesunken.

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„Vor allem in der Grundversorgung sind die Margen der Energieversorger sehr hoch und steigen durch diese Preiswelle weiter. Hier werden die Kunden regelrecht geschröpft“, kritisiert Sieverding. Bei einer Mehrjahres-Analyse kommt er zu dem Urteil, dass die Dortmunder DEW21 sowie die Stadtwerke Duisburg und EVO in Oberhausen „bei ihren Kunden in der Grundversorgung überdurchschnittlich abkassieren“.

Wie geht Eon nach der Übernahme von Innogy vor?

Nach Angaben des Vergleichs- und Vermittlungsportals Verivox haben für den Jahreswechsel bundesweit 506 der 820 Grundversorger Preiserhöhungen von durchschnittlich sechs Prozent verkündet. Verivox rechnet damit, dass im Jahresverlauf weitere Preiserhöhungen von Stromversorgern folgen werden.

Der Essener Energiekonzern Eon habe bereits im Sommer in Berlin, Brandenburg, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern die Strompreise in der Grundversorgung erhöht, gibt Check24 zu bedenken. In NRW ist vielerorts die bisherige RWE-Tochter Innogy, die nun von Eon übernommen wird, der Grundversorger.

Er sei gespannt, ob Innogy im kommenden Frühjahr erstmals seit dem Jahr 2016 die Strompreise erhöhen wird, sagt Energieexperte Sieverding. „Sollte Eon-Chef Johannes Teyssen den Kunden der neuen Tochter Innogy eine Strompreiserhöhung verpassen, wäre das ein schlechtes Begrüßungsgeschenk“, mahnt Sieverding.

Check24 rechnet mit weiteren Preissteigerungen

Nach Berechnungen des Vergleichsportals Check24 sind von den Preiserhöhungen zum Jahreswechsel bundesweit rund 3,9 Millionen Haushalte betroffen, die Strom aus der Grundversorgung beziehen. Auch die Preise bei alternativen Anbietern legen nach Angaben von Check24 zu, wenn auch auf niedrigerem Niveau als in der Grundversorgung. Stadtwerke bieten neben der Grundversorgung meist zahlreiche individuelle Tarife an.

„Verbraucher müssen sich langfristig auf hohe Stromkosten und weitere Preissteigerungen einstellen“, sagt Check24-Manager Lasse Schmid. „Der Wechsel des Anbieters ist für Verbraucher die einzige Möglichkeit, ihre Kosten substanziell zu senken.“