Essen. Überraschende Kehrtwende beim Verkauf von Real. Statt Redos soll Investor X+Bricks nun die Supermarktkette und alle Mitarbeiter übernehmen.

Überraschende Wende beim Verkauf der Real-Märkte: Die Mutter Metro will die angeschlagene SB-Warenhauskette nun doch nicht an den bisherigen Favoriten Redos abgeben, sondern an den Einzelhandels-Investor X+Bricks.

X+Bricks will zunächst auch sämtliche 34.000 Real-Mitarbeiter übernehmen. Über den Deal haben beide bereits eine detaillierte Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) unterzeichnet. Der Kaufpreis bleibt bei 500 Millionen Euro, aber ein für Metro entscheidendes Detail ist besser als bei Redos.

Metro: Bieter X+Bricks war eigentlich schon aus dem Rennen

Der Investor hat von Anfang an mitgeboten, wurde von der Metro aber eigentlich bereits früh aussortiert. Zunächst, weil er den Real-Konkurrenten Kaufland als „strategischen Partner“ mitbringen wollte. Schließlich im Sommer, weil Metro in einem neuen Angebot des Konsortiums um X+Bricks und die SCP Group keinerlei Verbesserungen erkennen konnte. Metro-Chef Olaf Koch zweifelte daraufhin vor Journalisten offen an der Ernsthaftigkeit des Angebots.

Das Ende Oktober eingegangene weitere Angebot enthielt dann aber doch die nun offenbar entscheidenden Nachbesserungen. Das Konsortium um X+Bricks will dafür seine Exklusiv-Kooperation mit der Schwarz-Tochter Kaufland aufgeben, heißt es in der Absichtserklärung. Die Mehrheit der 277 Real-Märkte soll nach wie vor verkauft werden, Kaufland dabei aber nicht bevorzugt werden. Das erhöht laut Metro-Kreisen die Transaktionssicherheit. Weil Kaufland sehr ähnliche Läden betreibt, wäre die Sorge groß gewesen, dass die Übernahme von Real-Märkten durch Kaufland beim Bundeskartellamt gescheitert wäre.

X+Bricks will Real samt Mitarbeitern kaufen - und dann zerschlagen

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Der für den MDax-Konzern Metro womöglich noch wichtigere Unterschied zum eigentlich schon fixen Verkauf an Redos: X+Bricks will anders als Redos nicht mit dem Kauf warten, bis alle Genehmigungen vom Kartellamt vorliegen, etwa für die von Edeka geplante Übernahme von 87 Real-Märkten. Stattdessen soll die Weitergabe von Standorten an andere Händler „nachgelagert und unabhängig von dem Verkauf von Real an das Konsortium“ erfolgen. Heißt im Klartext: X+Bricks will Real samt Mitarbeitern kaufen, die geplante Zerschlagung anschließend selbst managen und damit auch sämtliche Risiken übernehmen. Die Metro wäre dann raus, was Vorstandschef Olaf Koch schon lange vorhat.

Die Gewerkschaft Verdi reagierte prompt: „Verdi wird gemeinsam mit den Real-Beschäftigten jedem infrage kommenden Käufer klar machen, dass es hier nicht nur um Immobilien geht, sondern um die Existenz von 34.000 Menschen und ihren Familien, die nicht als Restposten behandelt werden wollen“, sagte Bundesvorstand Stefanie Nutzenberger „Unsere Forderungen ändern sich bei einem neuen Kaufinteressenten nicht: Wir wollen eine nachhaltige Sicherung der Arbeitsplätze, den Schutz der Verdi-Tarifverträge, Sicherheit für die Beschäftigten durch die gewählten Betriebsräte und keine Ausgliederung an selbstständige Kaufleute.“

Mit Letzterem zielt Nutzenberger vor allem auf Edeka. Deutschlands größte Supermarktkette ist der Gewerkschaft seit langem ein Dorn im Auge. „Edeka bedeutet zum Beispiel, dass die vorhandenen Mitbestimmungsstrukturen zerschlagen werden“, sagte Nutzenberger dieser Redaktion, als Edeka Ende Oktober sein Interesse an der Übernahme von 87 Real-Märkten dem Kartellamt anzeigte.

Der Real-Verkauf sollte ursprünglich bis zum Sommer fix sein, verschob sich dann in den Herbst und nimmt nun eine neue Wende. Für den Verkauf an Redos hatte sogar das Kartellamt bereits grünes Licht gegeben. Den neuen Deal mit X+Bricks müssen die Wettbewerbshüter nun wieder prüfen. Letztlich könnte sich der Real-Verkauf für die Metro trotzdem beschleunigen. Bis Ende Januar soll der Kaufvertrag unterzeichnet werden, so ist es verabredet. Redos hätte die Transaktion erst vollzogen, wenn alle Teilgenehmigungen für die Weitergabe der Real-Märkte vorgelegen hätten.

Unrentable Real-Märkte sollen geschlossen werden

Am Zerschlagungs-Plan ändert sich mit dem neuen Investor aber nichts. Einige unrentable Märkte sollen geschlossen werden. Ein nicht genau bezifferter Kern der Real-Märkte soll unter der alten Marke weiterbetrieben werden, Redos wollte 50 bis 60 Märkte behalten. Alle anderen Filialen sollen an andere Einzelhändler verkauft werden. Interesse hatten bisher Edeka und Tegut angemeldet. Und natürlich Kaufland, der bisherige Partner von X+Bricks.

Bei Metro heißt es, auch finanziell sei das Angebot nachgebessert worden, was sich aus dem erwarteten Nettomittelzufluss von 500 Millionen Euro aber nicht ablesen lässt. Der Käufer soll auch die 80 in Metro-Besitz befindlichen Real-Immobilien erhalten.

Real-Mitarbeiter bangen um Arbeitsplätze: „Unsere Familien leiden“

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Für die 34.000 Real-Mitarbeiter geht das Hin und Her im Poker um ihre Märkte und Arbeitsplätze damit weiter. Erst vor drei Wochen hatten sie die Bundesregierung in einem bewegenden Brief um Hilfe gebeten. „Wir leiden unter Zukunftsängsten und wollen endlich wissen, wie es weiter geht“, schrieben sie darin. „Unsere Familien leiden unter dem Druck der Ungewissheit, ob wir im Jahr 2020 unsere Arbeitsplätze noch haben werden oder nicht.“

Klappt der Deal mit X+Bricks, wechseln sie zunächst unter altem Dach zu einer neuen Muttergesellschaft, die anschließend die meisten Märkte weiterverkauft. Was das für die einzelnen Beschäftigten bedeutet, bleibt zunächst unklar. In der Absichtserklärung wird lediglich das Ziel angegeben, „bei Übertragung an andere Händler“ sei eine „vertragliche Vereinbarung zur Übernahme der Real-Mitarbeiter“ beabsichtigt.