Düsseldorf. Der Verkauf von Real wird zu einer unendlichen Geschichte. Die Handelskette zeigt sich unbeeindruckt und eröffnet sogar schicke neue Filialen.

Es ist mehr als ein Jahr her, dass Metro-Chef Olaf Koch den Verkaufsprozess für seine kriselnde SB-Warenhauskette Real eingeleitet hat. Nun drohen weitere Verzögerungen. Das Bundeskartellamt kündigte am Dienstag eine „vertiefte Prüfung“ der 87 Real-Standorte an, die Edeka übernehmen will. Die Prüfungsfrist dauert bis zum 28. Februar 2020.

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Der Deal ist eigentlich in trockenen Tüchern. Die Metro verkauft Real mit 34.000 Beschäftigten und 277 Filialen an den Immobilien-Investor Redos und hält selbst noch knapp 25 Prozent an der neuen Firma. Für den Verkauf an Redos hat das Kartellamt bereits grünes Licht erteilt. Doch der Teufel steckt im Detail. 50 bis 60 Märkte, die auch künftig den traditionsreichen Namen Real tragen sollen, will Redos gemeinsam mit der Metro weiterführen. Einige Dutzend unprofitable Märkte sollen geschlossen werden. Die übrigen Filialen will der mögliche neue Eigentümer verkaufen. Edeka hat sein Interesse für 87 Real-Märkte bereits beim Kartellamt angemeldet, Tegut will sieben übernehmen. Über das Schicksal des Rests ist offiziell nichts bekannt.

Kartellamt kündigt für Edeka „vertiefte Prüfung“ an

Die Wettbewerbshüter prüfen nun aufwendig, ob Edeka an den Real-Standorten, an denen der Lebensmittelriese interessiert ist, eine Vormachtstellung einnehmen und damit die Preise für Verbraucher und Lieferanten diktieren kann. Das braucht Zeit.

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Das Kartellamt ist aber nicht die einzige Unbekannte in dem Poker um Real. Während sich Metro und Redos eigentlich schon einig sind, ist seit einigen Tagen ein weiterer Investor wieder im Spiel, dem die Metro bislang die kalte Schulter gezeigt hatte. Der Einzelhandels-Investor X+Bricks hat nach eigenen Angaben „ein nochmals verbessertes Angebot“ abgegeben, das bei der Metro eingegangen ist. Zu dem Konsortium um X+Bricks gehört als „strategischer Partner“ kein geringerer als der Real-Rivale Kaufland, der wie der Discounter Lidl zur Schwarz-Gruppe gehört. Nach früheren Angaben hat Kaufland Interesse an rund 100 Real-Filialen. Die Metro prüft nun das verbesserte Angebot von X+Bricks, über dessen Inhalt nichts bekannt ist. Eine Sprecherin des Düsseldorfer Handelskonzerns betonte aber auch, dass Metro die Verhandlungen mit Redos mit Hochdruck fortführen werde, „um diese möglichst in den kommenden Wochen abzuschließen“.

Auch Kaufland ist wieder im Spiel

Das Wirrwarr im Verkaufsprozess scheint die Geschäftsführung von Real nicht sonderlich zu beeindrucken. Die SB-Warenhauskette eröffnet schicke neue Markthallen, schmiedet eine internationale Allianz im Online-Geschäft, startet ein neues Kundenbindungsprogramm und testet in Stuttgart einen kleinen Laden, der ganz ohne Verkaufspersonal auskommt.

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„Die Verhandlungen über einen Verkauf von Real ziehen sich hin“, beklagte sich Geschäftsführer Patrick Müller-Sarmiento unlängst in einem Interview mit dem „Handelsblatt“. „Vor allem im Sinne unserer Mitarbeiter wäre es wünschenswert, dass hier rasch ein Ergebnis erzielt werden kann“, zeigte sich der Manager selbstbewusst. Müller-Sarmiento will offenbar zeigen, welches Potenzial in dem Unternehmen steckt. Denn niemand weiß, wie die Geschichte ausgehen wird.

Neue Markthallen, aber Schließung in Mülheim

Deshalb schlägt Real-Chef Müller-Sarmiento Pflöcke ein. Im Mülheimer Hafen etwa hat er gerade eine Filiale geschlossen. Für das große Ladenlokal hat der Eigentümer der Immobilie Edeka als Ankermieter gefunden. Einige der rund 80 Real-Beschäftigten hoffen nun, dort wieder Arbeit zu finden. Andernorts investiert Real stattdessen. Während des Verkaufsprozesses eröffnete das Unternehmen in Braunschweig, Balingen bei Stuttgart und Aschaffenburg Markthallen nach dem Vorbild in Krefeld mit exklusivem Sortiment und Gastronomie.

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Von Frank Meßing, Ulf Meinke, Andreas Tyrock

„Wir müssen im Geschäftsbetrieb ja nicht im Status quo verharren“, heißt es aus dem Unternehmen. Deshalb will Real auch im Online-Geschäft Gas geben. Real Digital hat sein Umsatzziel von 500 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2018/19, das am 30. September zu Ende gegangen war, mit 688 Millionen Euro deutlich übertroffen. Gemeinsam mit drei europäischen Online-Marktplätzen versucht Real seit diesem Monat sogar einen Angriff auf den US-Internetriesen Amazon.

Angriff auf Amazon und Rabatte für Stammkunden

Zusammen mit Cdiscount (Frankreich), eMAG (Rumänien) und ePrice (Italien) haben die Düsseldorfer das International Marketplace Network (IMN) gegründet. Es soll den insgesamt rund 30.000 aktiven Händlern der Marktplätze Zugang zu mehr als 230 Millionen potenziellen Kunden in Europa ermöglichen. „Mit IMN können sich Händler aller Größenordnungen unabhängiger vom e-Commerce Giganten Amazon machen, das Risiko mit wenig Aufwand auf verschiedene Kanäle verteilen und nachhaltiger wachsen“, sagt Real-Chef Müller-Sarmiento.

Die Kette hat sogar ein völlig neues Kundenbindungsprogramm aufgelegt, das laut Müller-Sarmiento „etwas Einzigartiges im deutschen Lebensmitteleinzelhandel“ ist. Wer für sechs Euro pro Monat Mitglied bei „Real Pro“ wird, kann Lebensmittel und Drogerieprodukte bei Real mit einem Rabatt von 20 Prozent einkaufen. Bei Spirituosen und Likören beträgt der Nachlass zehn Prozent. Ausgenommen sind freilich Sonderangebote. Müller-Sarmiento scheint fest an die Zukunft von Real zu glauben.