Mülheim. Bei Real im Mülheimer Hafen steht die letzte Betriebsversammlung bevor. Gewerkschaft Verdi kritisiert den Umgang mit langjährigen Mitarbeitern.

Der Ausverkauf läuft: Am übernächsten Samstag, 2. November, geht im Real-Markt an der Weseler Straße in Mülheim endgültig das Licht aus. Bei der letzten Betriebsversammlung am Dienstagmorgen steht ein eigens zu diesem Anlass gedrehter Film auf dem Programm – ohne Happy-End und sicher tränenreich.

Inhalt des Streifens soll „ein Rückblick auf 30 Jahre Real und ein Dankeschön sein“, erläutert Henrike Eickholt, Bezirksgeschäftsführerin von Verdi. Die Gewerkschaft hat den gut zehn Minuten langen Film extra für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produziert, von denen viele auch in Interviews persönlich zu Wort kommen, um zu beschreiben, so Eickholt, „was an dem Betrieb besonders war, was sie gemocht haben“.

Persönlicher Rückblick auf die letzten 30 Jahre

Erinnerungen sollen dabei hochkommen, sagt die Verdi-Geschäftsführerin. Sie selber kenne den Real-Markt, der bis 1998 als „Allkauf“ geführt wurde, seit drei Jahrzehnten (daher der Filmtitel) und habe eine Gänsehaut bekommen. „Wir wollen den Menschen etwas mitgeben.“ Die Gewerkschaftsmitglieder bekommen den Abschiedsfilm anschließend als digitale Kopie geschenkt. Dass die Betriebsversammlung extrem emotional werden dürfte, ist allen jetzt schon klar. „Ich kann da bestimmt kein einziges Wort sagen“, ahnt Isabell Meeth, langjährige Betriebsratsvorsitzende von Real an der Weseler Straße.

Wenn bei Real gestreikt wurde, waren auch immer viele aus der Mülheimer Belegschaft beteiligt - hier eine Demo vor der Düsseldorfer Metro-Zentrale im Juli 2018.
Wenn bei Real gestreikt wurde, waren auch immer viele aus der Mülheimer Belegschaft beteiligt - hier eine Demo vor der Düsseldorfer Metro-Zentrale im Juli 2018. © Funke Foto Services | Morris Willner

Aus Sicht von Verdi ist dieser Rückblick eine Geschichte mit Licht und Schatten. Immer wieder hat es bei Real, auch im Mülheimer Hafen, Arbeitskämpfe gegeben. Zuletzt hatte die Gewerkschaft im November 2018 zum Streik aufgerufen, um eine Rückkehr von Real in den Flächentarifvertrag durchzusetzen. Letztlich ohne Erfolg. Die Belegschaft an der Weseler Straße, nach Angaben der Betriebsratsvorsitzenden zu 80 Prozent gewerkschaftlich organisiert („für den Einzelhandel eine Wahnsinns-Quote“), ist oft kämpferisch aufgetreten. „Wir waren immer die Rädelsführer beim Streik“, sagt Isabell Meeth, die auch dem Gesamtbetriebsrat bei Real angehört.

„Wir waren immer die Rädelsführer beim Streik“

Die Abwicklung des Marktes mit ursprünglich mehr als 100 Mitarbeitern stößt bei Verdi auf Kritik. „Man hat den Eindruck, dass es von langer Hand geplant war“, meint Henrike Eickholt. Die Entscheidung fiel dann im Dezember 2018, aber aus ihrer Sicht habe das Unternehmen wenig getan, um den Betroffenen eine berufliche Perspektive zu geben, „darunter viele junge Leute, aber auch viele Menschen über 50, die woanders kaum noch eine Chance haben“.

Letzter Verkaufstag am 2. November

Am Standort von Real im Mülheimer Hafen gab es ab Mitte der siebziger Jahre einen Allkauf-Markt. Die Kette wurde 1998 von der Metro AG übernommen, zu der auch Real gehört. Nach Angaben der Gewerkschaft konnten die Mitarbeiter damals bleiben.

Letzter Verkaufstag bei Real an der Weseler Straße ist der übernächste Samstag, 2. November.

Henrike Eickholt sagt, sie habe bereits im Frühjahr Kontakt zur Arbeitsagentur aufgenommen, „doch das ist von Real blockiert worden“. Erst im Juni hätten Berater der Arbeitsagentur in den Betrieb gehen dürfen, um vor Ort zu informieren. Aus Sicht von Verdi gibt Real kein gutes Bild ab: „Warum macht ein Unternehmen das? So geht man nicht mit Menschen um, die jahrelang dort gearbeitet haben.“

Viele Zeitverträge sind ausgelaufen

Zur Frage, wie vielen Betroffenen Ersatzarbeitsplätze in anderen Real-Märkten angeboten wurden, und was unternommen wurde, damit die Beschäftigten neue Stellen finden, äußert sich das Unternehmen nur knapp: „Real arbeitet sehr eng mit der Arbeitsagentur zusammen“, erklärt ein Sprecher. „Selbstverständlich bieten wir den Mitarbeitern freie Arbeitsplätze im Unternehmen an.“ Mittlerweile ist die Belegschaft an der Weseler Straße auf etwa 70 Personen geschrumpft, vor allem deshalb, weil viele Zeitverträge ausgelaufen sind.