Essen. Sparkassen in der Kritik: Von „Geschäften mit Krieg und Klimawandel“ spricht die Organisation Urgewald. Auch Fridays For Future plant Proteste.
Deutschlands Sparkassen stehen wegen Investitionen in Rüstungs- und Kohleprojekte in der Kritik. Die Menschenrechtsorganisation Urgewald wirft den kommunalen Instituten und ihrer Investmentgesellschaft Deka vor, „Geschäfte mit Krieg und Klimawandel“ zu machen. So unterstütze die Sparkassen-Gruppe unter anderem Rüstungsfirmen, „die kriegführende Staaten beliefern oder besonders kontroverse Waffensysteme herstellen“, erklärte Urgewald. Geld der kommunalen Geldhäuser stecke auch in Kohlekonzernen, „die die Klimakrise massiv verschärfen“.
Als Beispiele nannte die Nichtregierungsorganisation Rüstungskonzerne wie Rheinmetall, BAE Systems und Northrop Grumman sowie die Energie- und Bergbauriesen RWE, BHP Billiton und Glencore. Urgewald kritisierte, die Sparkassen-Gesellschaft Deka, deren Produkte die Sparkassen verkaufen, biete Fonds an, mit denen in Rüstungs- und Kohlefirmen investiert werde. Die Landesbanken als Sparkassen-Zentralinstitute seien durch Kredite und Investitionen in diesen Bereichen beteiligt.
Proteste zum „Weltspartag“ in 32 Städten geplant
In 32 Städten bundesweit plant Urgewald nun für den Mittwoch (30. Oktober) Proteste vor Sparkassenfilialen, darunter in Düsseldorf, Köln, Bonn und Berlin. Erwartet würden „kleine Protestgruppen bis hin zu geschätzten mehreren hundert Menschen“, berichtete Urgewald. Die größten Aktionen soll es in Bonn und Berlin geben, wo sich den Angaben zufolge auch die Klimaschutzbewegung Fridays For Future sowie die Umweltschutzgruppe BUNDjugend beteiligt.
Anlass ist der „Weltspartag“, der seit Jahrzehnten von der Branche begangen wird. „Am Weltspartag wollen Sparkassen gerade junge Kundinnen an sich binden. Wenn ihnen deren Zukunft tatsächlich am Herzen liegt, müssen sie ihr Geschäftsmodell ändern“, sagte Urgewald-Mitarbeiterin Kathrin Petz. Mit Comics und Plüschtieren für sich zu werben und „gleichzeitig Geschäfte mit Krieg und Klimawandel“ zu machen, passe nicht zusammen.
Deka Investment verteidigt Thyssenkrupp, RWE und Daimler
Urgewald verwies auf die Gemeinwohlorientierung der kommunalen Institute und forderte, die Landesbanken, Sparkassen und ihre Investmentfirma Deka sollten aufhören, „Unternehmen finanziell zu unterstützen, die klimaschädliche und menschenrechtsverletzende Geschäfte machen“.
Ein Sprecher von Deka Investment wies die Kritik auf Anfrage unserer Redaktion zurück. „Urgewald fordert, dass die Deka Investment aus Unternehmen wie Airbus, Thyssenkrupp und Daimler aussteigt. Das ist unverantwortlich“, sagte er. „Das sind keine menschenrechtsverletzenden Rüstungsunternehmen, sondern Säulen der deutschen Wirtschaft und wichtige Wirtschaftsmotoren in ihren Regionen.“
„Jetzt aus RWE auszusteigen, ist kontraproduktiv für das Klima“
Wie Urgewald sei auch Deka Investment der Meinung, „dass Kohle kein Energieträger der Zukunft ist“, erklärte der Sprecher. Er lobte, dass die Kohlekommission einen Zeitplan zum Kohleausstieg vorgelegt hat. Der notwendige Wandel funktioniere aber nur, wenn es für die Region und die Menschen vor Ort „eine nachhaltige wirtschaftliche Zukunftsperspektive“ gebe. „Jetzt aus RWE auszusteigen, ist kontraproduktiv für das Klima“, hob er hervor. „Wir geben unseren Einfluss als Aktionär auf und können den Wandel des Konzerns nicht mehr begleiten. Und wie soll der Konzern in umweltfreundliche Energien investieren, wenn die Anleger gerade jetzt aussteigen und ihm damit den Geldhahn zudrehen?“
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) erklärte auf Anfrage, man sei auf unterschiedlichen Ebenen mit Urgewald im Gespräch. „Die aktuell 379 Sparkassen befürworten die gesellschaftlich gewünschte Transformation der Industriegesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit“, betonte ein Verbandssprecher. „Privatkunden bieten Sparkassen etwa die Vermittlung von Förderkrediten für energetisches Bauen und Sanieren. Für private und institutionelle Anleger öffnen die Sparkassen den Zugang zu nachhaltigen Anlageprodukten.“ Beim Thema Nachhaltigkeit gebe es aber „keine einfachen Antworten, weil soziale, ökologische und ökonomische Aspekte immer wieder neu in Einklang gebracht werden müssen“.