Essen. Eon tauscht nach der Übernahme von Innogy den Chef aus. Uwe Tigges winkt nun eine Millionen-Abfindung. Von Mitarbeitern gab es Applaus.

Als die Innogy-Vorstände am Tag ihres Abschieds die Kantine am Opernplatz 1 in Essen betreten, erheben sich die anwesenden Mitarbeiter spontan von ihren Plätzen und applaudieren. „Das war sehr emotional“, sagt ein Mitarbeiter, der dabei war und – wie andere Beschäftigte auch – von der Begegnung berichtet.

Nach einer Aufsichtsratssitzung verschickt die Innogy-Kommunikationsabteilung am Donnerstagabend eine Mitteilung in deutscher und englischer Sprache: Damit ist der Führungswechsel besiegelt. Vorstands- und Aufsichtsratschef machen Platz für Eon-Manager.

An der Spitze des Innogy-Aufsichtsrats wird Erhard Schipporeit von Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen abgelöst. Eon-Vorstand Leonhard Birnbaum übernimmt den Innogy-Vorstandsvorsitz von Uwe Tigges. Auch die Innogy-Vorstandsmitglieder Hans Bünting, Arno Hahn, Martin Herrmann und Hildegard Müller müssen gehen – „in beiderseitigem Einvernehmen“, wie es in der offiziellen Mitteilung heißt. Zum Abschied winken ihnen millionenschwere Abfindungen.

Innogy-Finanzvorstand Günther an der Seite der Eon-Manager

Lediglich der bisherige Innogy-Finanzvorstand Bernhard Günther, der im März 2018 Opfer eines Säureanschlags geworden war, bleibt im Amt. Zusätzlich übernimmt er auch das Personalressort. „Dass vom Innogy-Vorstand nur Finanzchef Günther bleibt, ist auch ein klares Signal an die Beschäftigten. Es gibt keinen weichen Übergang, sondern einen harten Schnitt“, urteilt Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Sämtliche Vorstände, die bei Innogy bislang für das operative Geschäft zuständig waren, müssen das Feld räumen. Eon marschiert durch.“ Das Vorgehen entspreche „sicherlich auch dem Stil von Eon-Chef Teyssen“, sagt Hechtfischer.

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Am Freitag meldet sich der neue Innogy-Vorstandschef Birnbaum per Chat bei den Beschäftigten. Es habe viele Fragen gegeben, berichtet ein Teilnehmer. Doch nach wie vor sei für die meisten Beschäftigten unklar, an welcher Stelle sie künftig arbeiten sollen oder ob ihr Job wegfalle. Bis zu 5000 Arbeitsplätze will Eon im Zuge der Innogy-Übernahme abbauen. Insbesondere Essen, wo sich der Sitz beider Konzerne befindet, dürfte betroffen sein. Eon-Chef Teyssen betont, in der „neuen Eon“ seien „die Stärken beider Unternehmen“ gebündelt. Für die weltweit mehr als 70.000 Beschäftigten gebe es „gute Perspektiven“.

Pinkwart: „Veränderungsprozess sozialverträglich gestalten“

Auch die NRW-Landesregierung beobachtet den Umbau. „Wir erwarten, dass die Beschäftigten in den neuen Unternehmen faire Bedingungen antreffen und der Veränderungsprozess sozialverträglich gestaltet wird“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) unserer Redaktion. „Es ist wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schnell eine Perspektive bekommen und wissen, woran sie sind.“ Zugleich betonte Pinkwart: „Die Neuaufstellung von Eon und RWE bietet auch für die Beschäftigten viele Chancen. Die Unternehmen können nun durchstarten, ihre Geschäftsmodelle kraftvoll weiterentwickeln und sie zukunftsfest machen.“

Im Zuge einer historischen Einigung mit der bisherigen Konzernmutter RWE hatte sich Eon auf eine Zerschlagung von Innogy geeinigt. Eon übernimmt dabei das Netz- und Vertriebsgeschäft der RWE-Tochter. Der langjährige Innogy-Chef Peter Terium musste kurz vor der Bekanntgabe des Deals gehen. Laut Geschäftsbericht erhielt er eine Entschädigung in Höhe von rund acht Millionen Euro.

Vorstandsverträge bei Innogy noch 2018 verlängert

So hoch dürften die jeweiligen Zahlungen an die nun scheidenden Vorstandsmitglieder nicht ausfallen, aber auch Tigges und seine Vorstandskollegen werden wohl hohe Abfindungen bekommen. Erst im vergangenen Jahr hatte der Innogy-Aufsichtsrat den früheren Konzernbetriebsrat Tigges zum Chef ernannt und die Verträge mehrerer Vorstände verlängert.

„Ich glaube nicht, dass sich Eon bei den Abfindungen für die scheidenden Vorstände lumpen lässt“, sagt Thomas Hechtfischer. „Dass Millionensummen in solchen Fällen gezahlt werden, ist üblich. So erkauft sich das Unternehmen Ruhe an der Spitze.“ Der Innogy-Bilanz 2018 zufolge lag die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder zuletzt bei mehr als 14,7 Millionen Euro.