Mülheim. Trotz des Dramas um Karl-Erivan Haub ist der Handelskonzern Tengelmann 2018 deutlich gewachsen. Sein Bruder Christian baut das Unternehmen um.
Trotz der Schicksalsschläge im vergangenen Jahr hat der Mülheimer Handelskonzern Tengelmann seinen Umsatz 2018 merklich gesteigert: Mit den Kernmarken Obi, Kik, Tedi, Babymarkt.de und anderen erlöste das Familienunternehmen netto 7,8 Milliarden Euro – 4,7 Prozent mehr als 2017. Tengelmann-Chef Christian Haub blickt jedoch verhalten auf die Aussichten für das laufende Geschäftsjahr. „Wir erwarten, dass sich die in den letzten Jahren gezeigte Dynamik im Konsumverhalten abschwächen wird“, sagte er.
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Der Geschäftsbericht für das 152. Geschäftsjahr, den Tengelmann am Donnerstag veröffentlichte, war ein einschneidendes für das Familienunternehmen. In seinem Vorwort geht Christian Haub auf die Ereignisse im Frühjahr 2018 ein. „Der Tod meines Vaters im März und keine fünf Wochen später das tragische Unglück meines Bruders Karl-Erivan haben Tengelmann, die Familie und jeden Einzelnen von uns erschüttert“, schreibt er.
Nachdem sein Bruder am 7. April nicht von einem Skiausflug in der Schweiz zurückgekehrt war und seither als verschollen gilt, hatte Christian Haub wenige Tage später den Chefposten bei Tengelmann übernommen. „Ich habe mich ohne Zögern der Aufgabe gestellt und als nunmehr alleiniger persönlich haftender Gesellschafter die Verantwortung übernommen“, erklärt der 55-Jährige.
Suche nach neuer Konzernzentrale
Inzwischen hat Haub dem Unternehmen einen radikalen Umbau verordnet. Nach dem endgültigen Ausstieg aus dem Lebensmittel-Handel ist die Holding in Mülheim zu groß geworden. Zum Ende des Jahres soll die Tengelmann Warenhandelsgesellschaft KG aufgelöst werden. Ende Oktober soll es nach einer neunmonatigen Beschäftigungsgarantie betriebsbedingte Kündigungen geben. Zum Jahresbeginn 2020 will Haub dann mit der neuen Holding Tengelmann Twenty-One KG starten. Für sie sollen nur noch rund 40 Beschäftigte arbeiten. Das Riesen-Areal in Mülheim-Speldorf will Tengelmann verlassen. Die Suche nach einer neuen Firmenzentrale laufe noch, sagte ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion.
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Die Bilanz für 2018, die Tengelmann am Donnerstag vorlegte, war die letzte aus der aktiven Zeit von Karl-Erivan Haub. Er hatte das Unternehmen seit dem Jahr 2000 maßgeblich geprägt. „Ich bin insgesamt zufrieden mit der positiven Geschäftsentwicklung im abgelaufenen Jahr“, sagt sein Bruder Christian Haub.
Größtes Unternehmen in der Tengelmann-Gruppe bleibt die Baumarktkette Obi. Sie steigerte ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro. Damit stärkte das Unternehmen seine Marktführerschaft in Zentraleuropa. Allerdings legte Obi im Ausland (plus 6,9 Prozent) stärker zu als im Heimatmarkt (plus 4,2). Mit 3,26 Milliarden Euro fiel der Umsatz in Deutschland nur knapp größer aus als außerhalb (3,18 Milliarden Euro).
Textildiscounter Kik leidet unter heißem Sommer
Der Textildiscounter Kik aus Bönen in Westfalen steigerte seinen Umsatz um 3,2 Prozent auf 2,06 Milliarden Euro. Die Kette musste allerdings in Deutschland einen leichten Dämpfer verkraften. Die Erlöse hierzulande gingen leicht um 0,1 Prozent auf 1,45 Milliarden Euro, während das Plus im Ausland, vor allem in Polen, Tschechien und in der Slowakei mit 11,7 Prozent auf 618 Millionen Euro deutlich ausfiel. „Das letzte Geschäftsjahr war angesichts der wetterbedingten Herausforderungen und der Konkurrenz aus dem Onlinehandel nicht leicht“, sagte Kik-Chef Patrick Zahn. Er sieht in dem wachsenden Textilangebot der Lebensmittel-Discounter eine neue Konkurrenz. In Deutschland habe Kik im vergangenen Sommer unter der Hitze gelitten.
Babymarkt.de zieht nach Bochum
Erfolgreich entwickelt sich die jüngste Tengelmann-Tochter babymarkt.de, die ihre Zentrale von Dortmund auf das ehemalige Opel-Gelände in Bochum verlegen will. Der Online-Anbieter von Kinderartikeln, der auch Läden in Dortmund, Duisburg, Essen, Münster und Düsseldorf betreibt, steigerte seinen Umsatz um 7,5 Prozent auf 144,4 Millionen Euro.
An Bedeutung innerhalb der Gruppe gewinnt auch die Tengelmann Ventures GmbH, die sich mit Kapital an inzwischen 80 Start-up-Unternehmen beteiligt – darunter sind namhafte Firmen wie Zalando, Delivery Hero, Klarna und Uber.