Düsseldorf/Essen. Global betrachtet wird mehr Steinkohle produziert. Die Nachfrage ist hoch. Aber in Deutschland stehen die Kohlenimporteure unter Druck.

In Deutschland sind die letzten Zechen Ende 2018 geschlossen worden, global betrachtet ist der Hunger auf Kohle aber groß. Der Trend zu mehr Steinkohle sei ungebrochen, sagt Franz-Josef Wodopia, der Geschäftsführer des Vereins der Kohlenimporteure, zu dem unter anderem Energiekonzerne wie die Steag, Uniper, Trianel und Vattenfall gehören.

In Deutschland steht die Branche angesichts einer zunehmenden Bedeutung des Klimaschutzes unter Druck. Nach dem Abschied von der heimischen Steinkohlenförderung dringt die Klimaschutz-Bewegung Fridays For Future auch auf ein Ende des Einsatzes von Importkohle in Kraftwerken.

Franz-Josef Wodopia vom Verein der Kohlenimporteure verweist darauf, dass der Verbrauch von Steinkohle in Deutschlands Kraftwerken und Hochöfen ohnehin zurückgeht. Im vergangenen Jahr sei rund 16 Prozent weniger Steinkohle zur Stromerzeugung eingesetzt worden als im Vorjahr. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres habe es ein Minus von 23 Prozent gegeben. Die Stahlerzeugung in Deutschland sei ebenfalls rückläufig. Der Steinkohleausstieg in Deutschland sei bereits „voll im Gange“, sagt Wodopia.

Importkohle für RWE, Uniper, Vattenfall, EnBW und Steag

Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren, die Kohle im Ausland werde oftmals unter prekären Bedingungen gewonnen. Moritz Schröder-Therre von der Organisation Urgewald mahnt bei den Energiekonzernen RWE, Uniper, Vattenfall, EnBW und Steag einen möglichst raschen Verzicht auf das Kohlegeschäft an. Den Blick richtet Urgewald derzeit insbesondere auf Russland. Obwohl es Menschenrechtsverletzungen und Repressionen gegen Nichtregierungsorganisationen gebe, sei Russland inzwischen eines der wichtigsten Länder für die Kohleversorgung der deutschen Kraftwerksbetreiber.

In Herne befindet sich einer der großen Kraftwerksstandorte des Essener Konzerns Steag.
In Herne befindet sich einer der großen Kraftwerksstandorte des Essener Konzerns Steag. © www.blossey.eu | Hans Blossey

„Die Nachfrage nach Steinkohle für Kraftwerke und die Stahlindustrie wächst weltweit, insbesondere in Asien“, berichtet Franz-Josef Wodopia. Die Produktion von Steinkohle sei im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent auf 7,1 Milliarden Tonnen gestiegen und habe damit wieder über dem bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2015 gelegen. „In China und in Indien erhöhte sich die Produktion deutlich. Diese Länder verbrauchen ihre Steinkohle vollständig selbst und sind sogar zusätzlich auf Importe angewiesen.“ Auch Russland und Indonesien förderten nach Angaben der deutschen Importeure zuletzt mehr Kohle. In Südostasien sei die Nachfrage angesichts neu gebauter Kraftwerke ebenfalls groß.

Fridays For Future: „Steinkohle ist Auslaufmodell“

In Deutschland sind bereits in den vergangenen Jahren zahlreiche Anlagen zur Kohleverstromung vom Netz gegangen. Die Stahlindustrie erprobt derzeit den Einsatz von Wasserstoff, um künftig die Einblaskohle in Hochöfen zu ersetzen. Thyssenkrupp will im Jahr 2050 klimaneutral sein. Wodopia geht allerdings davon aus, dass Kohlenimporte noch lange Zeit gebraucht werden, auch wenn die benötigten Mengen in Deutschland rückläufig seien.

„Steinkohle ist ein Auslaufmodell“, hält Sebastian Grieme, Aktivist der Klimaschutz-Bewegung Fridays For Future, dagegen. „Die Kohleindustrie wälzt die Schäden durch den Kohleverbrauch auf die Allgemeinheit ab und ist trotzdem zunehmend unwirtschaftlich.“ Die importierte Steinkohle werde in Ländern „mit niedrigsten sozialen und ökologischen Standards unter menschenunwürdigen Bedingungen“ abgebaut. Grieme verweist auf Berechnungen von Forschungsinstituten, nach denen ein Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2030 notwendig sei, um den Anstieg der globalen Temperatur bei 1,5 Grad zu stoppen. „Es ist absurd, dass sich einige wenige auf unsere Kosten immer noch an einen Rohstoff von vorgestern klammern“, sagt Grieme.

Steinkohlekraftwerke seien notwendig für eine sichere Stromversorgung in Deutschland, betont hingegen Wodopia. „Wenn wir den Atomausstieg auch an Tagen mit wenig Wind und vielen Wolken gut überstehen wollen und die Netzfrequenz stabil sein soll, sind große Turbinen erforderlich, die sich sicher drehen“, sagt er. „Ohne den Einsatz von Kohle wird das auch in vielen Jahren nicht funktionieren.“ Wodopias Berechnungen zufolge würden durch einen Kohleausstieg in Deutschland 0,25 Prozent der bis zum Jahr 2050 geschätzten Emissionen der weltweit verfügbaren Kohlekraftwerke eingespart. Dies sei „kein Grund, um unsere Stromversorgung zu gefährden“.