Essen. Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff reagiert auf Kritik von Fridays For Future an den Konzern-Klimazielen und lädt einen Aktivisten ins Stahlwerk ein.

Nach Kritik der Klimaschutz-Bewegung Fridays For Future an den Klimazielen von Thyssenkrupp hat Konzernchef Guido Kerkhoff einen Aktivisten ins Duisburger Stahlwerk eingeladen. „Lieber Sebastian Grieme, finde Ihr Engagement beeindruckend“, schrieb ihm Kerkhoff über den Kurznachrichtendienst Twitter. „Auch wir arbeiten hart daran, Emissionen einzusparen, was beim Stahl gar nicht so einfach ist. Wollen Sie sich davon selbst überzeugen? Dann lade ich Sie in unser Duisburger Stahlwerk ein.“

Grieme will die Einladung annehmen, wie er auf Anfrage unserer Redaktion erklärte. „Für uns ist es wichtig, ins Gespräch zu kommen“, sagte der 19-jährige Physikstudent aus Potsdam. „Wir schlagen kein Gesprächsangebot aus.“ Er sei bereit, nach Duisburg zu kommen und wolle mit Kerkhoff sprechen.

Bis 2050 will Thyssenkrupp klimaneutral sein

Thyssenkrupp plant nach eigenen Angaben, den Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid innerhalb von zehn Jahren deutlich zu verringern. Bis zum Jahr 2030 sollen Emissionen aus eigener Produktion und eingekaufter Energie um rund 30 Prozent sinken. Derzeit fallen pro Jahr etwa 24 Millionen Tonnen Kohlendioxid an. Ab dem Jahr 2050 will Thyssenkrupp klimaneutral sein, also in Summe keine Emissionen mehr verursachen.

Die Klimaschutz-Bewegung Fridays For Future (FFF) fordert ambitioniertere Ziele. „Die Klimaziele von Thyssenkrupp sind ein Fortschritt, aber bei weitem noch nicht ausreichend fürs 1,5 Grad Ziel“, sagte FFF-Aktivist Sebastian Grieme unserer Redaktion. Das Pariser Klimaschutz-Abkommen sieht vor, den Anstieg der globalen Temperatur bei weniger als zwei Grad und möglichst sogar bei nur 1,5 Grad zu stoppen.

Fridays For Future fordert schnellere Schritte von Thyssenkrupp

Grieme mahnte, Deutschland müsse bereits im Jahr 2035 klimaneutral sein, Thyssenkrupp plane dies aber erst für 2050. „Trotzdem wird immer klarer, dass die Technologien für Klimaneutralität schon vorhanden oder im Kommen sind“, fügte er hinzu. Grundsätzlich sei es gut, dass Unternehmen Klimaschutzpläne formulieren. Es komme allerdings auf die inhaltliche Ausgestaltung an.

Sebastian Grieme, Klimaaktivist von Fridays for Future, ist von Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff ins Stahlwerk eingeladen worden.
Sebastian Grieme, Klimaaktivist von Fridays for Future, ist von Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff ins Stahlwerk eingeladen worden. © Privat | Privat

Grundsätzliches Lob hatte Thyssenkrupp auch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bekommen. „Dass sich Thyssenkrupp das Ziel setzt, ein klimaneutrales Unternehmen zu werden, ist gut, aus unserer Sicht aber auch unumgänglich“, sagte Dirk Jansen, der Geschäftsleiter des BUND in NRW, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Klimaschutz ist für Unternehmen wie Thyssenkrupp von existenzieller Bedeutung. Die Industrie in NRW hat nur eine Zukunft, wenn sie den Klimaschutz ernst nimmt und vorantreibt.“

Lob von NRW-Umweltministerin Heinen-Esser

Mit seiner eigenen Zielsetzung läutet Thyssenkrupp auch das Ende der Hochöfen in der Stahlerzeugung ein, bei deren Produktion Kohlendioxid-Emissionen unvermeidlich sind. Um Klimaneutralität zu erreichen, müsste der Konzern sämtliche Hochöfen durch sogenannte Direktreduktionsanlagen auf Wasserstoffbasis ersetzen.

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) bezeichnete Thyssenkrupp als Vorbild. „Thyssenkrupp will bis 2050 klimaneutral sein“, schrieb sie auf Twitter. „Was für eine Leistung in der Stahlerzeugung! Und damit zeigt sich einmal mehr, dass Teile der Wirtschaft im echten Leben weiter sind als die Diskussionen in der Politik.“