Recklinghausen. Eon-Chef Johannes Teyssen fordert ein radikal einfacheres Planungs- und Genehmigungsrecht. Das sei unpopulär, aber notwendig.

Der Umbau von Stadtquartieren sollte nach Ansicht von Eon-Chef Johannes Teyssen notfalls auch gegen Widerstände von betroffenen Anwohnern durchgesetzt werden. „Wir müssen den Mut haben, das Planungs- und Genehmigungsrecht wieder radikal zu vereinfachen“, sagte Teyssen im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen bei einer Veranstaltung der von der NRW-Landesregierung initiierten Ruhrkonferenz.

Wenn es für eine Stadt „das beste Konzept“ gebe, sollten die Verantwortlichen „auch den Mut haben, einfach mal durchzuziehen“, sagte Teyssen, auch wenn dies unpopulär sei und in einer „Siedlung sehr wohlhabender Menschen“ möglicherweise „irgendwie doof“ gefunden werde. Es helfe nicht weiter, „vom Konsens zu träumen“, führte Teyssen aus. Fortschritte bringe nicht, nur „Dinge zu tun, die keinen stören“, sagte der Eon-Chef. „Dass wir uns alle an die Hand nehmen und gemeinsam Lieder singen, hilft uns auch nicht.“

Projekte von Eon in Berlin und Herne

Eon ist unter anderem an einem Stadtentwicklungsprojekt rund um das Areal des Berliner Flughafens Tegel beteiligt. Ziel des Großprojekts mit den Berliner Stadtwerken ist, Gebäude über ein neuartiges Niedrigtemperaturnetz zu versorgen, das mit Temperaturen bis 40 Grad betrieben wird. Wärmepumpen sollen bei Bedarf höhere Temperaturen oder Kühlenergie erzeugen. Zudem soll Produktionsabwärme aus den Gewerbe- und Industriebetrieben zum Einsatz kommen. Das geplante Netz dient nach Darstellung von Eon als „Energie-Tauschplatz“, weil die Energie vor Ort aus einem Mix von Blockheizkraftwerken, Solaranlagen, Geothermie und Abwasserwärme erzeugt, gespeichert und verbraucht werden soll.

Auch in Herne ist Eon aktiv. Am früheren Sitz der RAG soll mit dem Projekt Shamrockpark ein CO2-neutrales Quartier entstehen. Mit dem Immobilienentwickler Fakt und den Stadtwerken plant Eon ein Energiekonzept, das Strom-, Wärme- und Kälteversorgung sowie Elektromobilität verbinden und lokale Energiequellen nutzen soll, zum Beispiel Geothermie und Niedertemperaturwärme aus dem benachbarten Chemiepark Ineos.

Sticheln gegen Klimaaktivisten von Fridays for Future

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) betonte, Gebäude seien ein entscheidender Faktor, um den Klimaschutz zu erhöhen. „Damit wir Treibhausgas-Emissionen weiter senken können, müssen wir die erheblichen Potenziale in urbanen Räumen besser nutzen“, erklärte Pinkwart. Gerade für das Ruhrgebiet gebe es viele Möglichkeiten, klimaschonende Quartiere aufzubauen und die Lebensqualität in den Städten zu verbessern. Der Markt für Klimaschutz-Technologien habe für die Unternehmen großes Potenzial, sagte Pinkwart. „Es wäre fahrlässig, diesen lukrativen Markt anderen zu überlassen.“

Eon-Chef Teyssen mahnte, nun gehe es darum, Projekte zu realisieren. Jeden Freitag zu demonstrieren, „hilft uns kein bisschen, wenn wir nichts Praktisches tun“, sagte Teyssen mit Blick auf die Klimaaktivisten von Fridays for Future. „Wir sind Weltmeister im Aussteigen“, so Teyssen, aber seien derzeit „nicht so führend“ im Einsteigen.