Essen. Die unendliche Mutter-Tochter-Geschichte um General Motors (GM) und Opel ist um eine Episode reicher. Kurz bevor GMs europäischer Statthalter Nick Reilly der EU am Freitag in Brüssel den „endgültigen” Sanierungsplan für Tochter Opel vorstellt, setzt „Mutter” den Familienvorstand vor die Tür.
Offiziell darf Vorstandsvorsitzender Fritz Henderson nach nur acht Monaten an der Spitze seinen Hut noch selbst nehmen. Auf den „The Blitz” genannten letzten Mann der alten GM-Garde folgt Edward Whitacre. „Big Ed”, der jetzige GM-Aufsichtsratschef, wurde als erklärter Nicht-Autofachmann von der Obama-Regierung eingesetzt.
Das Aufräumkommando im Scherbenladen GM hielten Experten für die letzte Amtshandlung von Henderson vor einem ehrenvollen Abschied nach einem Vierteljahrhundert beim „General”. Blamiert war er spätestens, nachdem sich Whitacre mit dem Nicht-Verkauf von Opel an Magna gegen den 51-Jährigen durchsetzte. Den Beschluss versuchte Henderson noch, sich zu Eigen zu machen.
Nachdem aber erst der Verkauf der mit Opel vergleichbaren US-Marke Saturn scheiterte und dann Anfang der Woche auch noch das Abstoßen von Saab, war es um den Technokraten mit dem Schnauzbart geschehen. Wie seinem Vorgänger Rick Wagoner ist ihm aber eine Multimillionen-Abfindung sicher.
Gekegelt wurde auch bei der Tochter Opel. Der Finanzchef Marco Molinari ist zurückgetreten, und der Aufsichtsrat wird umbesetzt. GM-Urgestein Bob Lutz scheidet aus, neu sind Nick Reilly und Opel-Finanzfachmann Walter Borst. Auf der nächsten Aufsichtsratssitzung noch vor Weihnachten soll geklärt werden, wer auf den ausgeschiedenen Aufsichtsratsvorsitzender Carl-Peter Forster folgt.
Kommissarisch führt seit Forsters Ausscheiden Klaus Franz den Aufsichtsrat. Als Betriebsratsvorsitzender forderte Franz noch einmal, den Bau der Kombiversion des neuen Astra nach Rüsselsheim zu vergeben. Diese Detailfrage dürfte bei der Power-Point-Präsentation von GM-Europachef Reilly in Brüssel nicht geklärt werden. Sie liegt dieser Zeitung vor. Demnach sinkt die Zahl der gestrichenen Stellen auf 8313, davon weiterhin 1800 in Bochum, genau: 1799.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ließ über die jüngste Zusammenfassung des Sanierungsplans von GM verlauten: „Zu keiner wichtigen Frage wird in dem Papier eine Antwort gegeben. Es kann keine Grundlage für einen Antrag auf staatliche Mittel sein.” Dazu erklärte ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums: „Wir sind irritiert über die Erklärung Brüderles. Wir warten weiterhin auf das vollständige Konzept von GM.”