Düsseldorf. Beim Essener Baukonzern Hochtief laufen die Geschäfte rund. Der Einstieg beim spanischen Mautstraßen-Betreiber Abertis zahlt sich aus.

Ein Metro-Tunnel unter dem Hafen von Sydney, eine Brücke über dem Sankt-Lorenz-Strom in Montreal, eine 182 Meter große Statue in Indien und der Mercedes Plaza in Berlin: Wenn Hochtief-Chef Marcelino Fernández Verdes Bilanz zieht, zählt er gerne auf, was der Konzern gerade baut oder bereits fertiggestellt hat. Es ist meist eine lange Liste, die von Australien über die USA bis nach Europa reicht. Anstehende Projekte sind unter anderem ein Wolkenkratzer in New York, ein Metro-Auftrag in Melbourne und ein Flughafenbau in Polen. Hochtief ist seit geraumer Zeit einer der internationalsten Konzerne, den das Ruhrgebiet vorzuweisen hat.

Dass Vorstandschef Fernández Verdes die Zahlen für das Geschäftsjahr 2018 im Düsseldorfer Airport-Hotel Sheraton präsentiert – und nicht etwa in der Essener Konzernzentrale – ist durchaus bezeichnend. Auch Fernández Verdes hat eine ungewöhnliche Doppelfunktion: Er steht nicht nur an der Spitze von Hochtief, sondern führt auch die Geschäfte des spanischen Mehrheitsaktionärs ACS. Zudem ist er Chefkontrolleur bei der australischen Hochtief-Tochter Cimic – und neuerdings überwacht er auch den spanischen Mautstraßenbetreiber Abertis, an dem der Essener Konzern beteiligt ist.

Dividende soll um fast 50 Prozent steigen

Wenn er gefragt wird, ob die vielen Aufgaben miteinander vereinbar seien, verweist Fernández Verdes auf die Ergebnisse des Konzerns, die doch ziemlich gut seien. Der Gewinn stieg bei Hochtief im vergangenen Jahr um knapp 30 Prozent auf rund 541 Millionen Euro. Beim Umsatz gab es einen Zuwachs um 5,5 Prozent auf fast 24 Milliarden Euro. Die Aktionäre sollen sogar eine um fast 50 Prozent höhere Dividende erhalten: 4,98 Euro je Aktie.

Maßgeblich davon profitieren wird der spanische Infrastruktur-Konzern ACS, an dessen Spitze der Hochtief-Chef ebenfalls steht. ACS gehört jede zweite Aktie des Essener Traditionsunternehmens. Chef von ACS ist Florentino Perez, der Präsident des Fußballklubs Real Madrid. Vor rund acht Jahren hatten die Spanier nach einer feindlichen Übernahme die Kontrolle bei Hochtief übernommen. Bei der Bilanzvorlage in Düsseldorf betont Fernández Verdes, Hochtief habe im sechsten Jahr in Folge steigende Gewinne erzielt.

Mit Atlantia neuer Großaktionär aus Italien bei Hochtief

Positiv ausgewirkt habe sich insbesondere der Einstieg beim spanischen Mautstraßenbetreiber Abertis. Durch einen komplexen Milliarden-Deal war Abertis in einer Holding aufgegangen, an der Hochtief 20 Prozent hält. 30 Prozent liegen bei ACS. Hinzu kommt mit 50 Prozent der italienische Atlantia-Konzern, an dem die Unternehmerfamilie Benetton maßgeblich beteiligt ist. Im Zuge des europäischen Bündnisses ist Atlantia mit knapp 24 Prozent neuer Großaktionär bei Hochtief geworden.

Der italienische Konzern, der nun bei Hochtief mitmischt, war im vergangenen Jahr durch den Einsturz einer Autobahnbrücke in Genua unter Druck geraten. Bei der Katastrophe sind 43 Menschen ums Leben gekommen. Ob das Unglück Auswirkungen auf die Zusammenarbeit von Hochtief und Atlantia bei Abertis gehabt habe? „Nein“, sagt Fernández Verdes dazu. Die Gespräche seien jederzeit gut, offen und freundlich gewesen.

Projekte in Los Angeles, Neuseeland und Gladbeck

Gemessen an mehr als 64.000 Menschen, die Hochtief weltweit beschäftigt, sind es in Deutschland vergleichsweise wenige – nämlich 3500 Mitarbeiter. Ein Schwerpunkt liegt allerdings in NRW mit 1800 Beschäftigten, davon 1200 Mitarbeitern am Stammsitz in Essen. Das Geschäft auf dem Heimatmarkt laufe gut, berichtet Konzernchef Fernández Verdes. Der Auftragseingang sei im vergangenen Jahr um 340 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro gestiegen.

Im Geschäft mit öffentlich-privaten Partnerschaften, bei dem es meist um den Betrieb öffentlicher Einrichtungen geht, hat Hochtief einige Projekte gewonnen – darunter nicht nur Ausschreibungen für einen Flughafen in Los Angeles und ein Gefängnis in Neuseeland, sondern auch für eine Schule in der Ruhrgebietsstadt Gladbeck.