Bochum. Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel nimmt Bund und Länder in die Pflicht: Trotz des abgeblasenen Opel-Verkaufs müssten sie ihre zugesagten Staatshilfen auch an General Motors zahlen. Es gehe schließlich um viele tausende Arbeitsplätze - und um den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.
Pünktlich um acht Uhr hat die erste Krisentelefon-Konferenz zwischen den Opel-Betriebsräten und dem IG-Metall-Chef in NRW, Oliver Burkhard, begonnen. Die Entscheidung von GM in der Nacht hat alle überrascht, die Drähte glühten heiß, auch die NRW-Staatskanzlei war bereits in der Nacht eingeschaltet. Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel sagte kurz vor der Morgenkonferenz gegenüber DerWesten: "Es muss jetzt erstmal geklärt werden, ob und welche finanziellen Wünsche GM an den Tag legt." Dem Vernehmen nach will GM die bereits verbrauchte eine Milliarde Euro aus dem Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro sofort zurückzahlen, sodann aber einen Antrag auf einen europäischen Kredit über drei Milliarden Euro stellen.
Einenkel sieht durchaus die Chance, die in einem neuerlichen Staatskredit, jetzt für GM statt für Magna, liegt. "Wenn jemand bereit ist, Stellen abzusichern, muss eine solche Kreditmöglichkeit für alle gelten, also auch für GM." Das Opel-Werk in Bochum war nach früheren GM-Plänen ebenso wie Antwerpen zur Schließung vorgesehen. Eisenach sollte verkauft werden.
Betriebsrat setzt auf staatliche Hilfen
Der Opel-Betriebsrat geht also davon aus, dass Bund und Länder trotz des abgeblasenen Verkaufs ihre zugesagten Staatshilfe auch an General Motors zahlen würden. Es gehe schließlich um viele tausend Arbeitsplätze bei Opel, um 100.000 Arbeitsplätze im Zulieferbereich sowie um 25.000 Arbeitsplätze im Kfz-Gewerbe, sagte Einenkel weiter.
Mit Blick auf den von den Opel-Beschäftigten für den Fall eines Verkaufs zugesagten Finanzierungsbeitrag von 256 Millionen Euro bis 2011 sagte Einenkel: «Wir werden auch weiterhin nicht davor weglaufen können, uns zu beteiligen. Aber wir wollen eine ganz klare Zusage haben. Für nichts gibt es nichts.» Wichtig sei etwa der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen. «Arbeitsplatzabbau muss, wenn überhaupt, sozialverträglich gemacht werden.» Gleichzeitig müsse auch eine langfristige Perspektive für die Werke erkennbar sein.
"Vieles sehr komisch gelaufen"
Zur Rolle der deutschen Politik bei den Opel-Verhandlungen sagte Einenkel dem WDR: «Da ist sicherlich sehr Vieles sehr komisch gelaufen, ich würde sogar sagen: ein bisschen dilettantisch.» Zum Einen habe die deutsche Politik von Vornherein erklärt, dass Magna der ausschließliche Favorit sei. «Später hat man erklärt, das hätte man doch nicht so gesagt. Dann hat man erklärt, dass jeder sich bewerben könne. Und das ist wahrscheinlich der Punkt, wo General Motors sagt: Wenn jeder auch das Geld kriegen kann, um die Werke zu erhalten, dann können wir es gleichermaßen tun.»
Der Verwaltungsrat des US-Mutterkonzerns hatte sich am Dienstag gegen den Verkauf des deutschen Tochterunternehmens an Magna entschieden. GM-Chef Fritz Henderson kündigte an, der Konzern werde der Bundesregierung in Kürze einen Restrukturierungsplan für Opel vorlegen.
Gesamtbetriebsrat will Weg zurück zu GM nicht mitgestalten
Der Opel-Gesamtbetriebsrat hat die Entscheidung des US-Autokonzerns General Motors, die deutsche Tochter doch nicht zu verkaufen, als «schwarzen Tag für Opel» bezeichnet. «Den Weg zurück zu General Motors werden wir nicht mitgestalten», erklärte Betriebsratschef Klaus Franz am Mittwoch in Rüsselsheim. Der Betriebsrat rechnet nach eigenen Angaben damit, dass GM versuchen wird, «Regierungen und Beschäftige in Europa zu erpressen, um das bekannte, nicht tragfähige GM-Konzept zu finanzieren.»
IG-Metall-Chef Berthold Huber nannte es einen «unglaublichen Vorgang, 50.000 Beschäftigte in Europa einer monatelangen, nervenaufreibenden Hängepartie auszusetzen und am Ende eine nicht nachzuvollziehende Kehrtwende zu machen.» Für die IG Metall habe die Verhinderung von betriebsbedingten Kündigungen und die Sicherung von Standorten oberste Priorität», erklärte Huber in Frankfurt am Main.
Reaktion vom Bundeswirtschaftsminister
Am Morgen reagierte auch der neue Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle auf die Nachricht aus Detroit. Er hat die Entscheidung von General Motors gegen den Verkauf von Opel scharf kritisiert. Brüderle sagte am Mittwoch: «Ein solcher Umgang mit den Arbeitnehmern acht Wochen vor Weihnachten ist in keiner Weise hinnehmbar.» Er forderte den US-Konzern GM auf, jetzt seine Restrukturierungspläne für die deutsche Tochter «schnellstmöglich auf den Tisch zu legen».
Der FDP-Politiker bekräftigte auch, dass Opel die Brückenfinanzierung von 1,5 Milliarden Euro nun zurückzahlen müsse. «Wir werden unser Geld des Steuerzahlers zurückholen; der Steuerzahler hat einen Anspruch darauf», sagte Brüderle. (mit ap und afp)