Essen. Trimet-Chef Heinz-Peter Schlüter hat mehrmals Firmen vor dem Ende bewahrt. Nun ruft er bei der Politik nach Hilfe. Dabei gehört er eigentlich nicht zu den Berufspessimisten. Schlüter hat die Essener Hütte übernommen, als kaum jemand mehr an sie glaubte.

23 Grad Celsius – an besseren Tagen zeigt das Thermometer 960 Grad. „Der Ofen ist leer”, sagt Hans-Dieter Jensen. Nüchtern klingt er, keineswegs deprimiert. Mit seinen 69 Jahren hat Jensen mehrfach das Auf und Ab der deutschen Aluminiumindustrie verfolgt. „Wir haben immer Berg und Tal erlebt”, erzählt der Rentner, der nun Besucher durch die kilometerlangen Hallen der Essener Alu-Hütte Trimet führt. Immer ging es irgendwie weiter. Diesmal allerdings könnte es eng werden. Die energieintensive Industrie in Deutschland ist in ihrer Existenz bedroht.

Heinz-Peter Schlüter, der Alleineigentümer und Aufsichtsratschef von Trimet, gehört eigentlich nicht zu den Berufspessimisten. Schlüter hat die Essener Hütte übernommen, als kaum jemand mehr an sie glaubte. „Als wir in Essen anfingen, hielten mich viele Leute für einen Spinner”, sagt Schlüter, der hemdsärmelig wirkt und geschliffen spricht. „Aber 15 Jahre lang haben wir bewiesen, dass man sehr gut in Deutschland Aluminium produzieren kann.”

Das Aluminium hat den heute 59-Jährigen, der als Metallhändler begann, zu einem vermögenden Unternehmer gemacht. Mit seinen 1700 Mitarbeiter ist Trimet Deutschlands größter Aluminiumproduzent. Allein 650 Beschäftigte arbeiten in der Essener Alu-Hütte.

Die Wirtschaftskrise trifft mit voller Wucht

Doch derzeit steht etwa jeder zweite der 360 Öfen im Essener Werk still. Ähnlich ist die Lage im Hamburger Trimet-Werk mit insgesamt 270 Öfen. Auch diese Hütte stand kurz vor dem Aus, als Schlüter einstieg. „Für unsere Beschäftigten, die ein Jahr arbeitslos waren, grenzte es an ein Wunder, dass es 2006 wieder weiterging”, sagt er.

Doch die Wirtschaftskrise trifft die Branche nun mit voller Wucht. „Auch wir bekommen die Krise zu spüren und fahren derzeit Kurzarbeit”, berichtet Schlüter. „Aber wir haben mit unseren Mitarbeitern vereinbart, niemanden zu entlassen.” Die Lage bei den Automobilzulieferern, Schlüters wichtigsten Kunden, sehe „brutal schlecht aus”.

Hinzu kommen die hohen Energiekosten. Trimet verbraucht ein Prozent der gesamten Strommenge in Deutschland. „Allein unser Werk in Essen benötigt mehr Strom als alle Haushalte im gesamten Stadtgebiet”, sagt Schlüter. Trimet bekomme die Preissteigerungen infolge des Handels mit Zertifikaten für CO2-Emissionen besonders drastisch zu spüren. Pro Jahr zahle das Unternehmen 33 Millionen Euro für in den Strompreis eingerechnete CO2-Kosten. Ab 2011 rechnet Trimet mit 90 Millionen, ab 2013 mit 120 Millionen Euro.

"Die Zeit drängt"

„Wir brauchen dringend eine Befreiung von den zusätzlichen Kosten durch die CO2-Zertifikate”, sagt Schlüter. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, sollte die Politik bei ihren bisherigen Planungen bleiben. Wenn wir keine Lösung finden, werden wir unsere Werke schließen müssen.”

Kürzlich hat Schlüter wirtschaftsnahe CDU-Mitglieder der Region zu sich eingeladen, um für sein Anliegen zu werben. Bei NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat Schlüter ebenfalls angeklopft. Auch beim Rheinwerk in Neuss mit rund 600 Beschäftigten ist die Lage prekär. Der Mutterkonzern Norsk Hydro will die Produktion in der Alu-Hütte vorerst praktisch auf Null drosseln.

Bis wann genau die Zukunft des Essener Trimet-Werks gesichert ist, lässt Schlüter offen. Aber er sagt: „Die Zeit drängt. Wir verhandeln jetzt mit unseren Kunden über die Verträge der kommenden Jahre.”

Schlüter, ein Unternehmer, der in entscheidenden Momenten selbst zugepackt hat, sieht nun das Schicksal seiner Werke in den Händen anderer: „Die Entscheidung, ob die Aluminiumindustrie in Deutschland eine Chance hat, liegt bei der Politik.”

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