Essen. . Der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineralwasser ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Der Trend geht zu Stillem. Aber auch Wasser aus der Leitung schmeckt.

Ob still, sprudelnd oder mit wenig Kohlensäure – wer durstig ist, greift hierzulande nicht nur bei den aktuellen Temperaturen gerne zum Mineralwasser. Im Schnitt 147,3 Liter tranken die Bundesbürger im vergangenen Jahr; mehr als einen handelsüblichen Kasten pro Monat. Ein Rekord, wie der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) mitteilt. 1970 etwa lag der Pro-Kopf-Verbrauch nur bei 12,5 Litern Mineralwasser im Jahr. Den wachsenden Durst der Verbraucher spüren auch die Mineralbrunnen in der Region. „Unser Absatz ist in den vergangenen fünf Jahren gestiegen“, sagt etwa Schlossquelle-Inhaber Jörg Mellis. „Viele Menschen trinken heute bewusster, intensiver und dadurch auch mehr.“

Trend geht zum stillen Wasser

Beliebter würden seit einigen Jahren die stillen Mineralwässer und solche mit wenig Kohlensäure. Das belegen auch Zahlen des VDM. Danach ist der Absatz von Sprudelwasser zwischen 2011 und 2015 um 3,1 Prozent zurückgegangen, der von stillem Wasser um drei Prozent gestiegen. Wenn schon still, warum nicht gleich das Wasser aus der Leitung? „Mineralwasser hat eine ursprüngliche Reinheit“, sagt Mellis. „Leitungswasser dagegen ist wieder aufbereitetes Wasser.“

Durstlöscher aus dem Hahn

Wie viele Menschen in Deutschland Leitungswasser trinken – dazu gibt es keine Zahlen. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft haben die Deutschen 2015 im Schnitt etwa fünf Liter pro Tag zum Essen und Trinken verwendet.

Der Wasserversorger RWW garantiert die Qualität des Trinkwassers bis zum eigenen Wasserzähler. „Ab da müssen die Hausbesitzer selbst Sorge tragen“, sagt Sprecher Ramon Steggink. Sie seien also etwa für den Zustand der Rohre zuständig.

Der Qualität schade das nicht, sagt Ramon Steggink von der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) in Mülheim. „Es handelt sich um wieder aufbereitetes Wasser, ja. Aber wir nehmen jeden Tag Proben und müssen die Grenzwerte der strengen Trinkwasserkontrollen einhalten.“ Die Verbraucher könnten deutschlandweit unbedenklich das Wasser aus der Leitung trinken. „Es hat eine gute Qualität, ist preiswert und immer verfügbar – ich muss keine Kisten schleppen.“ Auch geschmacklich gebe es keinen Unterschied, so Steggink. „Wir führen regelmäßig Blindverkostungen durch und lassen darin das Trinkwasser gegen sieben stille Mineralwässer antreten.“ Das RWW-Wasser sei in den vergangenen fünf Jahren immer unter den Top Drei gewesen.

Sprudel aus der Leitung

Inzwischen gibt es verschiedene Hersteller auf dem Getränkemarkt, deren Geschäft auf dem Wasser aus der Leitung basiert. Die Firma Soda Stream etwa bietet unter anderem Sprudler an, mit denen die Kunden das Trinkwasser selbst mit Kohlensäure versetzen können. „Inzwischen nutzen uns 4,8 Prozent aller Haushalte, und allein letztes Jahr sind es 26 Prozent mehr geworden“, sagt Ferdinand Barckhahn, Geschäftsführer von Soda Stream in Deutschland und Österreich. Um neue Kunden zu gewinnen, weicht das Unternehmen auch durchaus mal von seinem Kerngeschäft – dem Wassersprudeln – ab. Anfang Juni brachte es „Blondie“ auf den Markt, ein Pils zum Selbermachen. „Aufgrund der positiven Resonanz können wir uns für die Zukunft durchaus weitere Bier-Sorten vorstellen, auch in Kooperation mit lokalen Brauereien“, so Barckhahn.

Ob aus Leitung oder Flasche – viele Kunden setzen sich heute offenbar mehr mit dem Wasser auseinander, das sie trinken. Schlossquelle-Inhaber Jörg Mellis kann sich vorstellen, dass es in Restaurants künftig eine Karte mit verschiedenen Mineralwässern geben wird – ähnlich wie heute für Wein. Vielleicht ist dort dann auch das Wasser aus der Leitung zu finden.