Essen. . Eine Fondsgesellschaft fordert von Thyssen-Krupp den Verkauf von Konzernsparten und kritisiert die Dividende aus „der nicht vorhandenen Substanz“.

Kurz vor der Hauptversammlung am Freitag in Bochum bekommt Thyssen-Krupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger Druck von Investoren. „Thyssen-Krupp wird sich von weiteren Sparten trennen müssen, um das Eigenkapital zu stärken und die Verschuldung in den Griff zu bekommen“, fordert Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment, im Gespräch mit unserer Zeitung. „Der Umbau von Thyssen-Krupp muss weitergehen. Nichts wäre gefährlicher, als sich auf dem bisher Erreichten auszuruhen.“ Aus Sicht von Speich besteht Handlungsbedarf. „Thyssen-Krupp ist immer noch ein Koloss auf tönernen Füßen“, urteilt er.

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Hiesinger verfolgt den Plan, Thyssen-Krupp als Ganzes weiterzuentwickeln. Ein Verkauf von Sparten – Aufzüge, Anlagenbau oder Autozulieferer – könnte zwar Geld in die Kassen spülen, doch Hiesinger hat sich mehrfach gegen ein solches Vorgehen ausgesprochen. Hiesingers Einschätzung zufolge profitieren die einzelnen Geschäfte von der Zusammenarbeit, beispielsweise durch eine gemeinsame Forschungsstrategie und mehr Effizienz.

Thyssen-Krupp will die Dividende um 36 Prozent erhöhen

Hiesinger räumt aber ein, die Eigenkapitalquote sei mit neun Prozent noch „nicht da, wo sie sein sollte“. Das Ziel laute mindestens 15 Prozent.

Union Investment fordert nun größere Anstrengungen, um die Finanzkraft des Konzerns mit seinen rund 155 000 Mitarbeitern zu steigern. Auch die Essener Krupp-Stiftung müsse als Großaktionär einen Beitrag leisten und ebenso wie die weiteren Anteilseigner auf eine Gewinnausschüttung verzichten. „Die Dividende lehnen wir erneut ab, weil sie aus der nicht vorhandenen Substanz bezahlt wird“, sagt Speich. „Wir sehen darin ein Zugeständnis an die Stiftung. Statt fast 85 Millionen Euro an die Aktionäre auszuschütten, müsste dringend die Bilanz gestärkt werden.“ Thyssen-Krupp will die Dividende um 36 Prozent erhöhen und 15 statt 11 Cent pro Aktie zahlen.

„Wir sehen die Rolle der Stiftung weiterhin sehr kritisch“

Mit 23 Prozent ist die Krupp-Stiftung der größte Anteilseigner von Thyssen-Krupp. „Wir sehen die Rolle der Stiftung weiterhin sehr kritisch und würden uns mehr Mut zur Veränderung wünschen“, betont Speich. Der zweitgrößte Aktionär ist der Finanzinvestor Cevian mit rund 15 Prozent. Dem Vernehmen nach sieht auch Cevian die Verbund-Strategie skeptisch.

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Nach Jahren mit schweren Verlusten hat Thyssen-Krupp zuletzt zum zweiten Mal in Folge schwarze Zahlen geschrieben: Der Jahresüberschuss von 268 Millionen Euro entspricht einer Steigerung um 37 Prozent.

Sorgen bereitet Thyssen-Krupp das Stahlgeschäft

Hiesinger war im Jahr 2010 von Siemens zu Thyssen-Krupp gewechselt und hatte Anfang 2011 die Führung übernommen. Seitdem richtet er den Konzern stärker auf das Technologiegeschäft mit Aufzügen, Maschinen, Autoteilen oder U-Booten aus. Sorgen bereitet Thyssen-Krupp derzeit das Stahlgeschäft. Die anhaltenden Billig-Importe von Stahl aus China nach Europa machen auch Thyssen-Krupp zu schaffen.

An den Gewinnzielen für den Gesamtkonzern hält Hiesinger allerdings fest. Im November hatte er erklärt, für das Geschäftsjahr 2015/16 mit einem operativen Gewinn zwischen 1,6 und 1,9 Milliarden Euro zu rechnen — nach 1,67 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum.