Duisburg. . Interview mit Thyssen-Krupp-Stahlchef Goss: Er nennt Pläne der EU zum Klimaschutz „existenzbedrohend“ für Europas größten Stahlstandort Duisburg.
Der Essener Industriekonzern Thyssen-Krupp sieht seine Werke an Europas größtem Stahlstandort in Duisburg durch politische Vorgaben für den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) existenziell in Gefahr. „Wenn die Pläne eins zu eins umgesetzt werden, sind sie existenzbedrohend“, sagte Thyssen-Krupp-Stahlchef Andreas Goss im WAZ-Interview. „Im Zeitraum 2021 bis 2030, um den es geht, entstünden uns zusätzliche Kosten von mehreren Hundert Millionen Euro jährlich. Damit wäre es wohl praktisch unmöglich, die Gewinnzone zu erreichen.“
Die EU-Kommission strebt beim Handel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten schärfere Regeln für energieintensive Industrien an. Heimische Stahlhersteller sehen sich im weltweiten Wettbewerb benachteiligt, da es den CO2-Zertifikatehandel außerhalb Europas nicht gibt. Der Kampf gegen die Erderwärmung steht derzeit angesichts der Weltklimakonferenz in Paris politisch besonders im Fokus.
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Die Stahlsparte von Thyssen-Krupp beschäftigt bundesweit 27 600 Mitarbeiter. Ein Schwerpunkt liegt in NRW. Durch eine Schließung der Stahlwerke in Deutschland werde das globale Klima letztlich belastet, argumentiert Thyssen-Krupp-Stahlchef Goss. „Mit jeder Tonne Importstahl aus China verschlechtern wir unsere Klimabilanz“, sagt er.
„Die gesamte Stahlindustrie in Europa kämpft um ihre wirtschaftliche Existenz“
Umweltorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) plädieren eindringlich für eine Reform des europäischen Emissionshandels, die zu einer Verteuerung der Zertifikatspreise führt. „Ich hoffe auf einen höheren Innovationsdruck“, erklärt Dirk Jansen, BUND-Geschäftsleiter in NRW. „Es gibt Konzepte für ein CO2-freies Stahlwerk. Wer jetzt schon die Situation nutzt, um in Innovationen zu investieren, der schafft sich Absatzchancen von morgen.“
Stahlchef Goss warnt indes vor einer drohenden Deindustrialisierung. „Die Stahlindustrie ist nicht nur ein wichtiger Arbeitgeber. Sie ist auch die Grundlage für die industrielle Wertschöpfung in Deutschland“, betont er. „Wir alle – auch Politik und Gesellschaft – müssen aufpassen, dass wir nicht das Rückgrat unserer Volkswirtschaft gefährden.“ Schon jetzt sei die Lage angespannt. „Die gesamte Stahlindustrie in Europa kämpft um ihre wirtschaftliche Existenz“, sagt Premal Desai, Finanzchef der Thyssen-Krupp-Stahlsparte.