Düsseldorf. . Der Energiekonzern wollte sich im Zuge einer Aufspaltung von der Atomkraft trennen. Gabriel machte Eon einen Strich durch die Rechnung.
Von einer Revolution war die Rede, als Eon-Chef Johannes Teyssen Ende November vergangenen Jahres die Aufspaltung von Deutschlands größtem Energiekonzern ankündigte. Teyssen selbst sprach von einem „radikalen“ Schritt. Nicht einmal ein Jahr später stellt sich heraus, dass die Revolution deutlich kleiner ausfallen wird, als es Teyssen ursprünglich geplant hat.
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Eon beugt sich dem Druck der Politik und behält die deutschen Atomkraftwerke doch im Konzern. Eigentlich wollte sich der Versorger schon in wenigen Monaten im Zuge einer Zweiteilung des Unternehmens auch von den Atommeilern trennen. Doch Gesetzespläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) machten Eon einen Strich durch die Rechnung.
Ein Gesetzentwurf, der noch im September durchs Kabinett gehen soll, sieht vor, dass Eon dauerhaft und in unbegrenzter Höhe zur Haftung für das Atomgeschäft verpflichtet worden wäre. „Ich bin ganz ehrlich: Mit so etwas habe ich nicht gerechnet“, räumte Teyssen am Donnerstag in einer überraschend anberaumten Telefonkonferenz ein. Eine „Ewigkeitshaftung“ ohne direkten Einfluss auf das Kernenergiegeschäft sei für die Eigentümer der neuen Eon „nicht zumutbar“, betonte Teyssen.
Sorge um Geld der Steuerzahler
Das Unternehmen hatte damit gerechnet, dass die Haftung fünf Jahre nach der Konzernabspaltung und der damit verbundenen Trennung von den Atomkraftwerken enden würde. In der Politik gab es aber die Sorge, Eon könnte aus der Verantwortung fliehen – zum Schaden der Steuerzahler, sollte das Geld für den Atomausstieg nicht ausreichen. Schon kurz nach Bekanntwerden der Eon-Pläne hatten Kritiker vermutet, der Konzern wolle seine Altlasten in eine Art „Bad Bank“ ausgliedern, um das Zukunftsgeschäft zu entlasten.
Doch nach geltender Rechtslage müssen die Kernkraftwerksbetreiber sämtliche Kosten des Rückbaus und der Stilllegung von Anlagen sowie der Entsorgung radioaktiver Abfälle tragen. „Eltern haften für ihre Kinder“, hatte Sigmar Gabriel betont. Dieser Satz sei falsch, konterte Eon-Chef Teyssen mit verärgertem Unterton, „da der Staat oder einzelne Länder die tatsächlichen Väter zahlreicher Kernkraftwerke waren“.
Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des geplantes Gesetzes
Er sei zwar sicher, dass ein neues Haftungsgesetz in der geplanten Form vor dem Bundesverfassungsgericht letztlich keinen Bestand haben werde, sagte der Eon-Chef. Aber der Klageweg erfordere Zeit. „Zeit, die wir nicht haben.“ Schon Anfang kommenden Jahres soll die Eon-Abspaltung Uniper an den Start gehen. Anfang Juni soll die Hauptversammlung in der Essener Grugahalle die Weichen für einen Börsengang des neuen Unternehmens stellen.
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Die jetzigen Planungen zur Aufspaltung des Energiekonzerns sehen vor, dass 43 000 Beschäftigte in die neue Eon AG mit Sitz in Essen wechseln. 14 000 Mitarbeiter soll Uniper mit Sitz in Düsseldorf zählen. Bei Eon wird das Geschäft für erneuerbare Energien und Netze gebündelt. Der Energiehandel sowie das Öl- und Gasfördergeschäft kommen unter das Dach von Uniper. Von Hannover aus lässt Eon das Geschäftsfeld Kernenergie steuern – unter dem Namen Preussen Elektra und mit 2300 Mitarbeitern. Als Preussen Elektra hatte einst bereits die Eon-Vorläuferin Veba Atomkraftwerke betrieben.
Eon-Aktie auf Tiefststand
Teyssen beteuerte, der „Kern der Neuaufstellung“ bleibe unverändert. Spätestens Ende 2022 soll das letzte Atomkraftwerk in Deutschland stillgelegt werden. Beim Kernenergiegeschäft von Eon handle es sich um drei noch aktive Anlagen (Brokdorf, Grohnde und Isar 2), fünf stillgelegte und einige Minderheitsbeteiligungen. Drei von 180 konventionellen Kraftwerksblöcken bei Eon – „nicht weniger, aber auch nicht mehr“, sagte Teyssen.
Von den Investoren wurde die Planänderung gleichwohl als gravierend eingeschätzt. An der Börse fiel die Eon-Aktie auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren. Zugleich zeichnet sich ab, dass Eon auch im laufenden Jahr einen rekordverdächtigen Verlust wird ausweisen müssen. Denn im dritten Geschäftsquartal verbuchte Eon nach eigenen Angaben Abschreibungen in der Größenordnung eines „höheren einstelligen“ Milliarden-Euro-Betrags – eine Nachricht, die im Hin und Her um die Abspaltung des Atomgeschäfts fast zur Nebensache wurde.