Essen. . Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke, hält eine Zentralisierung für falsch und macht den Vorstand mitverantwortlich für den Absturz der Aktie

Seine Dortmunder Stadtwerke sind einer der größten Aktionäre des kriselnden RWE-Konzerns – und DSW-Chef Guntram Pehlke hat an dieser Beteiligung derzeit nicht viel Freude. Im Gespräch mit Ulf Meinke und Michael Kohlstadt kritisiert er die Kommunikation des RWE-Vorstands und den geplanten Konzernumbau.

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Herr Pehlke, die Stadtwerke Dortmund gehören mit 23,6 Millionen Aktien und einem Anteil von 3,56 Prozent zu den größten Investoren beim Essener Energiekonzern RWE. Zuletzt ist die Aktie abgestürzt. Sind Sie besorgt?

Guntram Pehlke: Ich halte die RWE-Aktie für sehr werthaltig und zurzeit für unterbewertet. Leider ist es RWE bislang nicht gelungen, den Märkten diese Werthaltigkeit zu vermitteln.

Wollen Sie die Krise von RWE bestreiten?

Guntram Pehlke: Mir geht es darum, dass RWE nicht nur aus dem Kraftwerksgeschäft besteht. Denken Sie an das Netzgeschäft. Westnetz ist eine Perle im RWE-Konzern. Auch im Vertrieb gibt es Fortschritte, bei der Discounttochter Eprimo zum Beispiel. Gelegentlich wird der Eindruck erweckt, das Unternehmen sei nicht mehr in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften. Das entspricht aber nicht der Realität. Als Anteilseigner würde ich mir eine bessere Kommunikation des Vorstands wünschen.

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Wie jeder Aktionär bekommen es auch die Dortmunder Stadtwerke zu spüren, wenn die Dividende niedriger ausfällt als in der Vergangenheit. War es falsch, in derart großem Stil RWE-Aktien zu kaufen und zu halten?

Guntram Pehlke: Nein. Die Dividendenerlöse leisten schon seit Jahren gute Beiträge zur Geschäftsentwicklung der Stadtwerke. Auch in den schlechten Jahren lagen die Renditen durch unsere RWE-Beteiligung bei mehr als vier Prozent, in guten Jahren waren es acht oder neun Prozent. Insofern wäre ein Verkauf des Aktienpakets kurzsichtig gewesen und hätte angesichts von potenziellen Milliardeneinnahmen wohl auch Begehrlichkeiten bei unseren Eigentümern geweckt.

Düsseldorf hat sich mit dem Verkauf von RWE-Aktien entschuldet.

Guntram Pehlke: Düsseldorf wäre aller Voraussicht nach auch ohne die Aktienverkäufe entschuldet gewesen. So zu tun, als habe es allein am RWE-Deal gelegen, kommt fast schon einer Legendenbildung gleich.

Sind Verkäufe von RWE-Aktien für die Stadtwerke denkbar?

Guntram Pehlke: Nein. An einen Verkauf ist nicht zu denken. Wir sind ein langfristiger Aktionär.

Rechnen Sie ebenso wie der Stadtkämmerer von Essen mit einer Dividendenkürzung?

Guntram Pehlke: Wir haben schon die Erwartung, dass die Dividende von 1 Euro pro Aktie nicht unterschritten wird.

RWE-Chef Peter Terium hat unlängst einen Konzernumbau auf den Weg gebracht. Das Unternehmen soll stärker aus der Essener Zentrale heraus geführt werden. Verliert damit auch der RWE-Standort Dortmund an Bedeutung?

Guntram Pehlke: Der Standort Dortmund wird weiterhin eine wichtige Rolle für RWE spielen. Die Energiemärkte werden immer dezentraler. Insofern ist es wichtig, dass Entscheidungskompetenzen vor Ort bleiben. Den Konzernumbau sehe ich deshalb sehr kritisch.

Die Energiewende macht nicht nur dem RWE-Konzern zu schaffen, sondern auch vielen Stadtwerken. Haben auch die kommunalen Manager die Zeichen der Zeit verkannt?

Guntram Pehlke: Auswirkungen politischer Entscheidungen waren derart weitreichend, dass viele Unternehmen kaum noch schnell genug reagieren konnten. Bundesweit gehen Stadtwerke in die Knie. Das Bewusstsein dafür ist noch nicht sehr ausgeprägt, auch nicht bei so manchem Eigentümer. Der Druck auf die Stadtwerke wächst dramatisch. Das hat nicht nur mit der Krise der konventionellen Stromerzeugung zu tun, sondern auch mit der Netzregulierung und dem überaus scharfen Wettbewerb im Endkundengeschäft.

Was sind die Auswirkungen auf die Städte?

Guntram Pehlke: Einige Stadtwerke werden nicht mehr in der Lage sein, angesichts schrumpfender Gewinne ähnlich hohe Summen wie in der Vergangenheit auch in Zukunft noch an die Städte auszuschütten. Entsprechend wird wohl Geld im Haushalt fehlen.

Ist die Politik gefordert?

Guntram Pehlke: Es liegen Vorschläge der kommunalen Unternehmen auf dem Tisch, die die Energiewende effizienter und günstiger machen. Wir müssen aufpassen, dass die Verbraucher nicht überfordert werden. Letztlich sind wir Stadtwerke das Inkasso-Unternehmen des Staates – und damit auch der Buhmann, wenn wieder einmal die Kosten für den Umbau der Energiewirtschaft steigen.

Sie sind auch Aufsichtsratschef des Kraftwerksbetreibers Steag, der seit einiger Zeit in kommunalen Händen ist. Sind Sie immer noch uneingeschränkt davon überzeugt, dass die Übernahme eines Steinkohle-Verstromers richtig war?

Guntram Pehlke: Ja. Die Steag ist ein Unternehmen, das gelernt hat, kostengünstiger zu produzieren als die Konkurrenz. Insofern behauptet sich die Steag gut. Richtig ist allerdings auch, dass die Energiewende beim Unternehmen ankommt. In diesem Umfeld ist es sehr ambitioniert, die Ergebnisziele zu erreichen.

Ende September stellen Sie sich zur Wiederwahl als Vorstandsvorsitzender der DSW21 AG. Wie sehen Sie Ihre Chancen?

Guntram Pehlke: Ich würde das Unternehmen gerne noch fünf weitere Jahre führen. Offensichtlich gibt es interessierte Kreise, die versuchen, mich öffentlich zu diskreditieren. Das bereitet mir keine Sorgen, da ich hierdurch auch Zuspruch von Aufsichtsratsmitgliedern erhalte, von denen ich es eigentlich nicht erwartet hätte.