Nürnberg. Der Sommer lässt die Zahl der Arbeitslosen steigen: Experten rechnen für August mit rund 2,8 Millionen Menschen ohne Job – 30.000 mehr als im Juli.
Die traditionelle Sommerflaute auf dem Arbeitsmarkt hat die Zahl der Arbeitslosen nach Einschätzung von Volkswirten im August auf 2,8 Millionen steigen lassen. Das sind rund 30 000 mehr als im Juli, aber rund 100 000 weniger als im Jahr davor, berichteten Arbeitsmarktexperten deutscher Großbanken in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Sie berufen sich dabei auf eigene Berechnungen. Die offiziellen August-Arbeitslosenzahlen will die Bundesagentur für Arbeit (BA) bekanntgeben.
Zur Begründung verwiesen die Volkswirte zum einen auf Werksferien in größeren Betrieben; dies führe in der Regel dazu, dass Chefs Neueinstellungen auf die Zeit nach der Sommerpause verschieben. Zudem meldeten sich zum Spätsommer viele junge Leute nach ihrer Lehre arbeitslos, weil sie nicht sofort eine Stelle gefunden hätten. Ohne die Saisoneffekte hätte es im August Stillstand auf dem deutschen Arbeitsmarkt gegeben, betonen die Fachleute. Insgesamt sei die Arbeitsmarktlage derzeit noch gut.
Für zweite Jahreshälfte sind Volkswirte eher skeptisch
Für die zweite Jahreshälfte sind die Volkswirte aber eher skeptisch. Angesichts der wachsenden Verunsicherung vieler Unternehmen wegen der globalen Krisen, aber auch als Folge des Mindestlohns rechnen Volkswirte für das zweite Halbjahr 2015 mit einer Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt. Vor allem die Zahl der Minijobs sei in den vergangenen Monaten stark gesunken, etliche Betroffene seien jetzt arbeitslos.
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"Wir wollen die Lage nicht dramatisieren. Aber wir sind recht zurückhaltend, was die Arbeitslosenentwicklung in den kommenden Monaten angeht", sagte Eckart Tuchtfeld von der Commerzbank. Der von ihm im Jahresschnitt 2015 erwartete Rückgang der Arbeitslosigkeit um rund 100 000 auf etwa 2,78 Millionen gehe vor allem auf das Konto der vergleichsweise guten Entwicklung in der ersten Jahreshälfte. Auch rechnet er - wie andere Volkswirte auch - für dieses Jahr nur noch mit halb so viel neuen Arbeitsplätzen wie 2014.
Differenziert fällt auch die Prognose von BayernLB-Volkswirt Stephan Kipar aus. Er rechnet bis zum Jahresende bei der Arbeitslosigkeit mit einer "breiten Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau". Unternehmen seien vor allem wegen der ungewissen Exportaussichten verunsichert. Deswegen würden derzeit zwar noch keine Stellen abgebaut. Aber auch bei Neueinstellungen hielten sich die Unternehmen zurück.
Experten sehen Schwäche der chinesischen Wirtschaft gelassen
Vergleichsweise gelassen beurteilen die meisten Experten die aktuelle Schwäche der chinesischen Wirtschaft. Trotz der Turbulenzen in China verzeichneten die deutschen Unternehmen kräftige Auftragseingänge aus dem Ausland, betonte Allianz-Volkswirt Rolf Schneider. Der niedrige Euro begünstige deutsche Exporte. Die US-Wirtschaft laufe wieder rund und auch die Exporte in EU-Länder zögen wieder an. Die Finanzmärkte würden wegen China derzeit etwas überreagieren, meinten mehrere Vertreter großer Geldinstitute. (dpa)