Essen. Busfahren boomt. Aber auch die Zahl der Verstöße gegen die gesetzlich festgelegten Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer. Das hat eine groß angelegte Kontrolle auf den Autobahnen gezeigt.

Polizei und Straßenbehörden nehmen zunehmend die Sicherheit des boomenden Busverkehrs auf den deutschen Autobahnen ins Visier. Dabei stellen die Fahnder in vielen Fällen fest, dass Fahrer zu lange am Steuer sitzen, die vorgeschriebenen Fahrtenschreiber von vorneherein falsch eingestellt sind oder ohne eingelegte Fahrerkarte genutzt werden.

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Bei einer einwöchigen bundesweiten Kontrollaktion Ende Juli, die das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) in Zusammenarbeit mit den Länderpolizeien mit ständig wechselnden Schwerpunkten durchführte, wurden alleine in Nordrhein-Westfalen 93 Busse aus dem fließenden Verkehr gewunken und überprüft. Fünf von ihnen mussten die Fahrt auf der Stelle beenden. Die Fahnder stellten insgesamt 35 Verstöße gegen die Arbeitszeit- und Sozialvorschriften festgestellt. In nicht wenigen Fällen erhielten der Fahrer wie auch der Busunternehmer eine Anzeige. Das hat der Sprecher des NRW-Innenministeriums, Wolfgang Beus, unserer Redaktion bestätigt.

Die häufigsten Verstöße der Busfahrer

Die Zahl der bundesweit festgestellten Verstöße will das Bundesamt für Güterverkehr dagegen nicht nennen. Horst Roitsch vom Kölner Bundesamt sagt nur, in einigen Fällen habe „die Weiterfahrt der Busse aus Verkehrssicherheitsgründen und zum Schutz der Reisenden untersagt werden müssen“.

Das sind nach Angaben von Roitsch die „häufigsten“ Verstöße:

  • Die Fahrer haben die Fahrerkarte nicht eingelegt, wie es das Gesetz vorschreibt.
  • Die elektronischen Fahrtenschreiber, die die Einhaltung der Fahrzeit-Vorschriften überwachen, waren nicht ordnungsgemäß installiert.
  • Die Lenk- und Ruhezeiten wurden nicht eingehalten.
  • Fahrer wurden „ohne die erforderliche Fahrerlaubnis angetroffen“ - in der Regel ein Hinweis darauf, dass die Busfahrer die ihnen gesetzlich vorgeschrieben Qualifizierungen nicht nachweisen konnten.

Die Ergebnisse der Kontrollaktion, die laut NRW-Innenministerium unter dem Code „Operation Bus“ auch europaweit koordiniert wurde, scheinen einen Trend zu bestätigen, den die Polizei im „Transitland“ Niedersachsen bei bisher drei Kontrollaktionen seit 2014 festgestellt hat: Dass die Technik und der Zustand der Busse zunehmend in Ordnung ist, der Anteil der Verstöße gegen die Arbeitszeitbestimmungen aber hoch liegt.

Einmal pro Woche muss ein Fahrer zwei Tage Pause machen

Dort waren bei der Hälfte der kontrollierten Busse Beanstandungen wegen fehlender Arbeitszeitnachweise und nachweisbarer Arbeitszeitüberschreitungen fällig. Bei einer der niedersächsischen Kontrollen wurden 25 Busse gestoppt – und 104 Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten protokolliert. Dabei ist die Grundregel klar: Einmal pro Woche muss ein Fahrer zwei Tage Pause machen. Wird ein Fahrer beim Überziehen der Lenkzeit zum Beispiel von sechs Stunden erwischt, kann das 150 Euro Bußgeld kosten.

Das Problem für die Fahnder: Sind die Fahrtenschreiber falsch eingestellt oder fehlt die Fahrerkarte, ist ein Verstoß gegen die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten nicht nachweisbar. Deshalb werden auch diese Defizite mit Bußgeld belegt. Bei Kontrollen im vergangenen Jahr hatte das Bundesamt für Güterverkehr 278 Fernbusse angehalten. 66 Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten konnten dabei festgestellt werden. Alleine in 80 Fällen waren aber Kontrollgeräte nicht oder falsch eingestellt oder es fehlte die Fahrerkarte. In den letzten Monaten hatten Fahrer gegenüber Medien mehrfach anonym berichtet, die Unternehmen erwarteten von ihnen einfach den Verstoß gegen Lenk- und Ruhezeiten, Hauptsache, man sei pünktlich da. Der Unternehmer zahle auch das Bußgeld, wenn man dabei erwischt werde.

Forderung nach Anhebung des Tempolimits

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Gerade der Einsatz von Fernbussen wächst rapide. Jede Woche stehen den Kunden in Deutschland 10 000 Verbindungen auf 300 Linien zur Verfügung. Seit dem Start des Geschäftsmodells 2012 mit dem politischen Segen der damaligen schwarz-gelben Regierungskoalition hat sich die Zahl der Reisenden von 2,5 Millionen im Jahr auf 21 Millionen verzehnfacht. Manche Fernverbindung wird für nur neun Euro angeboten.

Die Fernbus-Anbieter betonen nicht nur die Sicherheit ihrer Angebote. Sie erwarten auch, dass ihre Fahrer mehr Gas geben dürfen. Hermann Meyering, Chef der Gütergemeinschaft Buskomfort (gbk) fordert die Anhebung des Tempolimits außerorts von heute 80 auf 120 Stundenkilometern. Er begründet dies mit den „ökologischen Vorteilen“ des Busfahrens.