Essen. Die „Initiative Tierwohl“ verfolgt die artgerechte Aufzucht von Hühnern und Schweinen. Bessere Lebensbedingungen bringen Bonus für Züchter.

Dieser Schlager passt längst nicht mehr in die Zeit: „Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn“ sangen Willy Fritsch und Lilian Harvey im Jahr 1936. Seitdem hat sich die Geflügelzucht industrialisiert; niemand will mehr ein Huhn sein in Zeiten der Massentierhaltung. Die Branche fürchtet um ihren Ruf und gelobt Besserung. Sie hat die „Initiative Tierwohl“ gestartet – zuerst für die Schweinezucht, nun auch für die Hähnchen- und Putenmast.

Das freiwillige Bündnis aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel verpflichtet sich zur tiergerechten und nachhaltigen Fleischerzeugung. Das Prinzip ist einfach: Bauern und Geflügelzüchter bekommen pro Kilogramm verkauftes Fleisch einen Bonus, wenn sie den Tieren bessere Lebensbedingungen ermöglichen. Das Geld zahlt der Handel, am Ende also der Verbraucher. Fast alle großen Lebensmittelketten wie Aldi, Lidl, Edeka, Rewe, Kaiser’s Tengelmann und Kaufland sind im Boot. Weitere sollen folgen.

897 Betriebe sind Teil der Initiative

Geflügelzüchtern, die den Tieren in ihren Ställen mehr Platz und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten einräumen, die mindestens einmal im Jahr eine Fortbildung besuchen, die besondere Hygiene-Anforderungen und zahlreiche weitere Kriterien erfüllen, überweist die Initiative zwischen zwei und vier Cent pro verkauftes Kilogramm Fleisch. 1403 Betriebe aus dem In- und Ausland haben sich beworben, für 897 reicht momentan das Geld. Sie wurden nach einem Losverfahren für die Zertifizierung zugelassen und bekommen demnächst Besuch von Experten, die die Einhaltung der Kriterien überprüfen.

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Dass die Geflügelzucht nicht mehr auf der grünen Wiese hinter dem Bauernhof abläuft, belegt die absolute Zahl der Tiere, die nun von der Initiative profitieren sollen: Es sind 255 Millionen Hähnchen und Puten. „Das ist ein hervorragendes Ergebnis und beweist, dass der Branche an einer artgerechten Aufzucht gelegen ist“, sagt Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der Initiative Tierwohl.

Das Resultat könnte sogar noch besser sein, wenn der gesamte Lebensmitteleinzelhandel und die Systemgastronomie teilnehmen und mehr Geld in den Topf zahlen würden. Aber McDonald’s zum Beispiel winkt bisher ab. Immerhin: „Wir stehen in Verhandlungen“, sagt Hinrichs.

Zwei Cent mehr pro Kilo Schwein

Zudem hat die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören, unlängst angeboten, den Bonus für Schweinefleisch von vier auf sechs Cent pro Kilogramm anzuheben. Voraussetzung: Die Konkurrenz muss mitmachen. „Auch darüber verhandeln wir“, erklärt Hinrichs und bittet um Geduld. Die Initiative stecke schließlich noch in den Kinderschuhen.

Eine Tatsache, die sich auch im Bekanntheitsgrad des Projekts widerspiegelt. Denn der ist vielerorts eher dürftig; viele Verbraucher haben noch nie etwas von der Aktion gehört. „Das wird sich bald ändern“, kündigt Hinrichs an. Der Einzelhandel wolle auch mit Plakaten in den Filialen und in der Werbung stärker auf die Initiative hinweisen. „Die Wahrnehmung wird sich positiv entwickeln.“

Und wenn dann der Verbraucher mitspielt, wird das Lied von Willy Fritsch und Lilian Harvey ja in einer neuen Version vielleicht doch noch mal ein Hit.