Essen. . Jahr für Jahr steigen die Preise für Bus und Bahn. Autofahrer dagegen profitieren immer mehr von niedrigen Spritkosten. Der Öffentliche Nahverkehr gerät ins Hintertreffen.

Bei den Kosten für Mobilität gerät der öffentliche Nahverkehr gegenüber dem Autofahren mehr und mehr ins Hintertreffen. Am Freitag einigte sich der Verwaltungsrat des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) auf eine weitere Preisanpassung. Zum 1. Januar 2016 steigen die Preise für Tickets im VRR-Bereich um durchschnittlich 2,9 Prozent (siehe Tabelle).

Nach 2013, 2014 und 2015 fällt die vierte, wie üblich im Jahresrhythmus greifende Tariferhöhung in Folge zwar vergleichsweise moderat aus. Bei den vergangenen Preisrunden kletterten die Ticketpreise deutlich stärker, nämlich um 3,9 Prozent, 3,3 Prozent und 3,8 Prozent. Doch angesichts einer kaum messbaren Inflation und Spritpreisen auf einem Niveau, das Autofahrer zum lockeren Tritt aufs Gaspedal verleiten könnte, gerät der ÖPNV im Wettbewerb um bezahlbare Mobilität unter Druck.

Geringe Zuschüsse von Bund und Land

„Der VRR und die Verkehrsunternehmen stehen vor der Herausforderung, trotz steigender Kosten für die Infrastruktur und geringerer Zuschüsse von Bund und Land auch in Zukunft einen attraktiven, leistungsstarken Nahverkehr anzubieten“, umschrieb VRR-Vorstand José Luis Castrillo gestern die Situation. Anders ausgedrückt: Gibt es nicht bald eine Lösung für die im Sanierungsstau steckenden ÖPNV-Betreiber, vor allem im Ruhrgebiet, könnten dem Nahverkehr demnächst nicht nur die Kosten davonlaufen, sondern bald auch die Kunden.

Die am Freitag kurz vor dem VRR-Beschluss veröffentlichten Landeszahlen zur Kostenentwicklung im Mobilitätssektor sprechen eine deutliche Sprache: Trotz der seit Februar 2015 wieder anziehenden Preise für Benzin und Diesel (plus 1,6 Prozent im Mai gegenüber April) sind die Kraftstoffpreise in Nordrhein-Westfalen im Vorjahresvergleich bereits seit 27 Monaten rückläufig. Heißt: Seit Februar 2013 ist Tanken um 2,1 Prozent billiger geworden. Für Bus- und Bahnfahrkarten mussten die Kunden im gleichen Zeitraum dagegen Preiserhöhungen von durchschnittlich 5,8 Prozent in Kauf nehmen.

Vorkurs-Ticket für Erstsemester

Auch die langfristige Entwicklung sieht laut Landesstatistik die Autofahrer gegenüber den Bus- und Bahn-Kunden im Vorteil: Während Fahrkarten im öffentlichen Personenverkehr im Mai 2015 48,4 Prozent teurer waren als im Mai 2005, erhöhten sich die Preise für die Anschaffungs- und Unterhaltskosten für ein Auto im selben Zeitraum nur um 17,2 Prozent. Im Jahresdurchschnitt lag dieser so genannte Kraftfahrerpreisindex – vor allem aufgrund der gesunkenen Kraftstoffpreise – bereits im dritten Jahr in Folge hinter den vergleichbaren Vorjahreswerten.

Nicht jeden VRR-Kunden trifft die ab Januar geltende Tarifsteigerung. Wer nur mit Einzelticket im Stadtgebiet fährt, merkt nichts. Der üblicherweise innerhalb von Stadtgrenzen gültige Einzelfahrschein in der Preisstufe A bleibt unverändert bei 2,60 Euro, auch das Kinderticket bleibt beim jetzigen Preis von 1,60 Euro. Auf längeren Strecken und bei den Zeitkarten steigen die Preise hingegen spürbar. Gelegenheitsfahrer, die mit einem Einzelticket beispielsweise von Hagen nach Essen fahren wollen, müssen ab Januar 11,80 Euro und damit 30 Cent mehr berappen.

Teurer wird auch das Schoko-Ticket für selbstzahlende Schüler. Es kostet ab Januar 34,65 statt 33,35 Euro. Günstiger wird es für VRR-Nutzer am Niederrhein, weil die dort geltende teuerste Preisstufe E durch die Stufe D ersetzt wird. Mit dem neuen Vorkurs-Ticket (54,65 Euro für 30 Tage) bietet der VRR angehenden Studenten ab 1. August 2015 die Möglichkeit, schon vor Semesterbeginn günstiger zur Uni zu kommen.