Düsseldorf/Essen. . Nach dem Zuschlag für “National Express“ und Abellio beim Rhein-Ruhr-Express droht der Deutschen Bahn auch bei den S-Bahnen das Aus.

Nach der Nicht-Berücksichtigung beim künftigen Rhein-Ruhr-Express (RRX) droht der Deutschen Bahn (DB) auch im S-Bahn-Verkehr in NRW deutlich stärkere Konkurrenz als bislang. Nach Informationen unserer Redaktion wollen sich die Verkehrsverbünde Rhein-Ruhr (VRR) und Rhein-Sieg (VRS) am 25. Juni darauf verständigen, auch den Betrieb der S-Bahnen ab Ende 2019 getrennt von der Beschaffung und Wartung der Fahrzeuge auszuschreiben.

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"Ich werbe dafür und bin sicher, dass die Fahrgäste von solchen Wettbewerben profitieren", sagte VRR-Chef Martin Husmann. Dieses Modell war landesweit erstmals beim RRX erprobt worden. Platzhirsch DB Regio konnte so seine konzerninternen Verrechnungsmodelle nicht ausspielen und geriet wegen zu hoher Energie- und Verwaltungskosten ins Hintertreffen.

Anteil der DB-Regio am NRW-Nahverkehr unter 50 Prozent

Den Zuschlag für den RRX zwischen Dortmund und Köln haben am Dienstag offiziell die britische National Express und der Essener Privatanbieter Abellio erhalten. Das haben die zuständigen Verkehrsverbünde am Dienstag beschlossen. Der Anteil der DB Regio am NRW-Nahverkehr sinkt unter 50 Prozent.

Bisher fährt die Bahn auf den Strecken, sie hatte sich auch an der neuen Ausschreibung beteiligt. Die neuen Verträge gelten für 15 Jahre. Gegen die Vergabeentscheidung ist innerhalb von zehn Tagen Einspruch möglich.

Bei der S-Bahn-Ausschreibung geht es dann um weitere 14 Millionen Zugkilometer. Ausgenommen sind lediglich die S 28 (Mettmann-Kaarst), S 5/S 8 (Mönchengladbach-Dortmund) und die S 7 (Solingen-Wuppertal).

"Wettbewerb funktioniert" - National Express fährt auf NRW ab
Bei Bombardier in Hennigsdorf (Brandenburg) laufen derzeit die Triebwagen vom Typ Talent 2 für National Express in NRW vom Band.
Bei Bombardier in Hennigsdorf (Brandenburg) laufen derzeit die Triebwagen vom Typ Talent 2 für National Express in NRW vom Band. © ullstein bild
 

Tobias Richter ist auf dem Sprung. Den Deutschland-Chef von National Express erwischen wir am Handy in Prag. Der Mann aus Düsseldorf lotet in der tschechischen Hauptstadt Chancen und Risiken für die Ost-Erweiterung des Europa-Geschäfts aus. Das börsennotierte Verkehrsunternehmen mit Hauptsitz in Birmingham drückt aufs Tempo. Gerade einmal hat National Express Fuß gefasst auf dem komplizierten deutschen Markt. Die Deutschland-Zentrale in Düsseldorf gibt es erst seit 2012. „Es tut sich viel in Deutschland“, sagt Tobias Richter. Besonders NRW sei ein attraktiver Standort. Auch für künftige Investments. Richter: „Hier funktioniert der Wettbewerb.“

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Schon Ende des Jahres rollen erstmals britische Züge über nordrhein-westfälische Gleise. Motto: „Kein Linksverkehr. Ansonsten very british“. Zusammen mit der kleinen sächsischen Eisenbahngesellschaft Intrego hatten die Briten den Zuschlag für den Rhein-Münsterland-Express (RE 7) und die Rhein-Wupper-Bahn (RB 48) erhalten. Die neuen Bombardier-Talent-2-Züge verkehren im Farbkleid Blau-Weiß-Rot, den britischen Nationalfarben. Es gibt mehr Türen und mehr Sitzplätze als bisher. Und einen Fußboden in Holzoptik. „Das ist kein Null-Acht-Fünfzehn-Zug. Unsere Fahrgäste sollen merken, dass sie woanders sind“, sagt Richter.

RRX soll ab 2019 zwischen Dortmund und Köln fahren

Der größte Coup der Briten auf deutschen Schienen soll am Dienstag offiziell verkündet werden. Bereits in der vergangenen Woche wurde bekannt, dass National Express den Löwenanteil am lukrativen RRX-Auftrag erhält.

Der Rhein-Ruhr-Express wird ab 2019 im 15-Minuten-Takt zwischen Dortmund und Köln rollen. Es geht um 82 neue Züge und jährlich 15 Millionen Zugkilometer – das größte Nahverkehrsprojekt Europas. Zwei Drittel betreiben die Briten. Das restliche Drittel setzt Abellio, die Essener Tochter der niederländischen Staatsbahn, auf die Schiene. Die Deutsche Bahn dagegen fährt aufs Abstellgleis. Für National Express ist der RRX-Auftrag der Durchbruch in Deutschland. Im NRW-Nahverkehr erreichen die Briten damit einen Anteil von fast 14 Prozent. Der Anteil des Staatskonzerns DB sinkt erstmals unter 50 Prozent.

National-Express-Fernbus scheiterte in Deutschland

Bislang taten sich die Briten im verkehrsreichsten Land Europas schwer. Seine deutsche Fernbustochter „city2city“ nahm National Express im Herbst 2014 wegen Erfolglosigkeit vom Markt. Im Rennen um die Berliner S-Bahn unterlag man dem Platzhirsch Deutsche Bahn. Und dass ein britischer Privatkonzern Nürnbergs S-Bahnen steuern soll, erregte die bajuwarischen Gemüter. Der Fall liegt nun beim Münchner Oberlandesgericht.

Glatter hatte das 1992 gegründete Unternehmen den amerikanischen Schulbusmarkt aufgerollt, den die Briten mit 20 000 Bussen in mittlerweile 36 US-Bundesstaaten und vier kanadischen Provinzen kontrollieren. Auch in Spanien, Marokko und im Scheichtum Bahrain ging der größte britische Fernbus-Anbieter (Umsatz 2014: 2,6 Milliarden Euro) auf Einkaufstour. Weltweit zählt National Express 40 000 Mitarbeiter. In NRW kommen bald einige dazu. Allein für den RE 7 und den RB 48 sucht National Express 70 Lokführer. (mit Material von dpa)