Essen. . Siemens-Manager Willi Meixner verteidigt vor dem geplanten Aktionstag der IG Metall den geplanten Abbau von über 900 Stellen im Mülheimer Werk.

Vor dem Aktionstag der IG Metall gegen die Kürzungspläne von Siemens am Dienstag stellte sich Spartenchef Willi Meixner, verantwortlich für das weltweite Geschäft mit Gas- und Dampfturbinen, Kompressoren und Generatoren, den Fragen von Ulf Meinke.

Siemens meldet den größten Auftrag der Firmengeschichte, gleichzeitig sollen allein in Mülheim mehr als 900 Arbeitsplätze wegfallen. Wie passt das zusammen?

Willi Meixner: Auch wir haben uns riesig über den Auftrag aus Ägypten gefreut. Davon profitiert auch das Werk Mülheim. Gleichzeitig stehen wir im Energieerzeugungsgeschäft vor einer neuen Situation: Turbinen werden vor allem im Mittleren Osten, in Asien und in den USA nachgefragt. Die Märkte sind umkämpft, deshalb sind die Preise für große Gasturbinen in den letzten drei Jahren um ein Drittel gefallen. In Deutschland hat die Energiewende dafür gesorgt, dass es keinen Markt für große, fossile Turbinen mehr gibt.

Meixner beklagt gesunkene Nachfrage nach Siemens-Maschinen

Die deutsche Energiewende ist das eine, der Weltmarkt etwas anderes.

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Meixner: Wir gehen davon aus, dass jährlich etwa 150 bis 200 große Gasturbinen weltweit bestellt werden. Insofern ist der Markt einigermaßen intakt. Allerdings haben wir in früheren Jahren auch eine Nachfrage nach bis zu 250 Maschinen gesehen. Diese Zeiten sind vorbei. Darauf reagieren wir, indem wir unsere Produktkosten deutlich verbessern, in Innovationen investieren und näher an unsere Kunden unter anderem in Asien, Afrika und Lateinamerika heranrücken. Alles mit dem Ziel, wieder mehr Aufträge zu gewinnen.

Die Gewerkschaft IG Metall wirft Siemens angesichts der Pläne für Stellenabbau „kurzfristigen Margen-Wahn“ vor. Wo liegen denn die Margenziele und die aktuellen Werte?

Meixner: Wir wollen mit unserer Division elf bis 15 Prozent Marge erreichen. Derzeit sind wir auf etwas über zwölf Prozent gesunken und nähern uns dem unteren Ende unserer Erwartungen.

"Wir wollen betriebsbedingte Kündigungen vermeiden"

Können Sie betriebsbedingte Kündigungen ausschließen?

Meixner: Eine Sache ist klar: Wir wollen betriebsbedingte Kündigungen vermeiden. Aber ein Margenziel ist alles andere als ein Selbstzweck. Nur wenn Sie Geld verdienen, schaffen Sie sich Spielraum für Investitionen, um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können.

Der Betriebsrat in Mülheim fordert klare Zusagen mit Blick auf die Zukunftsperspektive des Werks und setzt dabei auf Produkte für die Windenergie-Branche.

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Meixner: Wir schauen uns verschiedene Möglichkeiten an und werden dazu auch mit den Arbeitnehmervertretern sprechen. Klar ist: Mülheim soll unser Leitwerk für große Dampfturbinen bleiben und weiter gestärkt werden. Darüber hinaus setzen wir auf das Thema Industrie 4.0. Das heißt: Insbesondere in Mülheim wollen wir uns damit befassen, wie wir möglichst intelligent und schnell von der Zeichnung zur Produktfertigung gelangen können.

"Aktuell geht es um rund 580 Stellen"

Der Betriebsrat befürchtet, dass mindestens 925 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Können Sie diese Zahl bestätigen?

Meixner: Wenn diese Zahl genannt wird, werden drei Maßnahmenpakete zusammengefasst, davon zwei bereits vor Monaten gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern verabschiedete. Aktuell geht es um rund 580 Stellen.

Unter anderem sind Produktionsverlagerungen von Mülheim in die USA sowie nach Ungarn und Tschechien geplant. Kann der Exportweltmeister Deutschland denn nicht zu wettbewerbsfähigen Preisen am heimischen Standort produzieren?

Bei unseren Plänen für die Werke spielen verschiedene Überlegungen eine Rolle. Wir haben uns in unserem weltweiten Fertigungsverbund auch die Arbeitsteilung der Werke angeschaut und wollen Kernkompetenzen an Standorten wie unter anderem Mülheim bündeln. Wenn wir dadurch mehr Aufträge erhalten, hilft das langfristig auch unseren deutschen Werken.