Essen. . Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wirbt für seine Idee eines “Ruhrplans“, aber sein Berliner Ministerium will nicht federführend daran arbeiten.

Seit gut einem Jahr kursiert im Revier die Idee für einen „Ruhrplan“. Was sich dahinter verbirgt, ist nebulös, aber im Kern geht es um ein Investitionsprogramm für die Not leidende Region. Das Ruhrgebiet hat besondere Probleme: marode Straßen und Brücken, unzeitgemäßen Nahverkehr oder Kostendruck bei der Energiewende. Die Städte und Unternehmen an der Ruhr rufen also nach Hilfe, und die sollen sie auch bekommen, meint Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel.

Gabriel selbst tritt als der Erfinder der „Ruhrplan“-Idee auf. Zuletzt erinnerte er beim Politischen Forum in Essen daran, dass er im März 2014 dem Initiativkreis Ruhr „vorschlug, einen ,Ruhrplan’ zu entwickeln“. Unter dem Dach dieses Plans werde der Bund „eine Vielzahl neuer Projekte im Bereich der Infrastruktur, der Energiewirtschaft und der Digitalen Agenda unterstützen“, sagte der Minister dem dankbaren Publikum.

"Jede Art von Hilfe ist herzlich willkommen"

Seltsam ist aber, dass Gabriels Wirtschaftsministerium (BMWi) selbst zurückhaltend ist beim „Ruhrplan“. Der Chef der CDU Ruhr, Oliver Wittke, hatte sich im Februar im Ministerium erkundigt, wann der „Ruhrplan“ denn beginnen könne. Die Antwort erreichte ihn von der Staatssekretärin Iris Gleicke. In dem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, heißt es: „Angesichts der bewährten föderativen Arbeitsteilung beabsichtigt das BMWi ... nicht, für das Ruhrgebiet einen ,Ruhrplan’ zu erarbeiten.“

Was stimmt denn nun? Diese Frage stellen sich der Bundestagsabgeordnete Oliver Wittke und die Mitglieder des Initiativkreises Ruhr – ein Bündnis von 67 Unternehmen mit mehr als zwei Millionen Beschäftigten. Eine Anfrage an das Wirtschaftsministerium blieb vorerst unbeantwortet. „Ich hoffe, dass gilt, was der Minister sagt und nicht die Auskunft der Staatssekretärin“, erklärte Oliver Wittke. Im Ruhrgebiet sei „jede Art von Hilfe herzlich willkommen“.

Klaus Engel, Evonik-Chef und Initiativkreis-Moderator, äußerte sich zwar grundsätzlich zufrieden über den Auftritt Gabriels in Essen. „Der Bundeswirtschaftsminister hat ein klares Bekenntnis zum Ruhrgebiet abgelegt und sich zur Verantwortung der Bundesregierung für die besondere Situation der Region bekannt“, sagte Engel dieser Zeitung. Er appelliert aber an Bund und Land, den Worten Taten folgen zu lassen.

„Ideelle Wertschätzung reicht nicht“

Mit „ideeller Wertschätzung allein“ sei es nicht getan. Und in Richtung Gabriel, der mit seinem „Ruhrplan“ als Freund der Region aufgetreten sei, sagte Engel: „Gute Freunde darf man auch beim Wort nehmen.“

Der Initiativkreis Ruhr hat Berlin in einem „Handlungspapier“ einige Vorschläge für die Modernisierung der Industrieregion vorgelegt. Investiert werden müsse vor allem in die Infrastruktur, in Industrieflächen und in die Modernisierung von Stadtquartieren.

Der von Sigmar Gabriel geprägte Begriff „Ruhrplan“ gefällt aber nicht allen Akteuren an der Ruhr, heißt es. Er erinnere sehr an „Marshallplan“. Dem Revier gehe es zwar schlecht, aber es liege nicht in Trümmern.