Essen. . Der Chef einer Beratungsfirma aus München hat große Pläne auf dem Zollverein-Gelände in Essen. Die RAG unterstützt ihn und verzichtet auf die Miete.

Es ist eine Adresse, die weltweit einmalig ist: Im Welterbe 4/6. „So eine Sache bekommen Sie nur einmal im Leben als Chance“, schwärmt Guido Happe. Der 42-Jährige ist Mehrheitseigentümer der Personalberatungsfirma Board Partners, die weltweit 20 Büros betreibt – unter anderem in Shanghai, Johannesburg und Phoenix. Happe lebt in München, er arbeitet in Düsseldorf und Frankfurt. Etwa einen Tag pro Woche ist er neuerdings auch in Essen. Auf dem Gelände des Weltkulturerbes Zeche Zollverein hat er Großes vor.

Happe, der aus Marl stammt, will eine Anlaufstelle für Firmengründer und junge Unternehmen etablieren. „Wir können uns auf knapp 1500 Quadratmetern ausbreiten und haben Platz für 130 bis 140 Arbeitsplätze“, sagt Happe. „Zeche Neuland“ nennt sich das Projekt. Happe ist Gründer und Geschäftsführer.

Start-up-Investments auf neuen Wegen

Zu den Initiatoren und Geldgebern zählen erfahrene Führungskräfte wie der frühere Lufthansa-Manager Thomas Endres und der langjährige Chef von Mast-Jägermeister, Hasso Kaempfe. „Das, was wir hier machen, hat es vorher noch nicht im Ruhrgebiet gegeben“, bemerkt Happe. Das Geschäftsmodell: Gründer sollen Unterstützung bei Vertrieb, Marketing und Controlling erhalten, im Gegenzug beteiligen sich Happe und Co mit einem Minderheitsanteil an den jungen Firmen.

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„Wir stecken Geld in die Unternehmen, sind aber kein Investor im klassischen Sinne“, erläutert Happe. „Unser Ziel ist auch, bei externen Geldgebern Kapital für gute Ideen von Start-ups einzuwerben.“ Die Arbeit habe allerdings gerade erst begonnen. „Im Moment sind wir 16 Leute“, berichtet Happe.

Statt Miete soll RAG-Tochterfirma Gewinnbeteiligung erhalten

Für die Räume in der ehemaligen Firmenzentrale der RAG-Tochter Montan Immobilien müssen die Zeche-Neuland-Eigentümer keine klassische Miete, sondern lediglich die Betriebskosten zahlen – etwa für Strom und Heizung. Im Gegenzug soll die RAG eine Erfolgsbeteiligung erhalten, wenn die Existenzgründer Gewinne erwirtschaften. Zeche Neuland sei eine „zukunftsträchtige Idee“, urteilt Hans-Peter Noll, Chef der RAG-Tochter.

„Ein Unternehmen, am dem wir beteiligt sind, läuft schon gut“, erzählt Happe. Es trägt den Namen Rocket Spaces und ist eine Firma, die sogenannte Pop-up-Stores anbietet, also Ladenflächen für eine kurze Zeit. „Eine weitere Idee, an der wir arbeiten, ist eine Website, auf der Menschen ihre Talente präsentieren können.“ Mit weiteren zwei Unternehmen gebe es derzeit gute Verhandlungen.

Agentur aus Recklinghausen hat Wortschöpfung „Zeche Neuland“ erfunden

„Natürlich haben wir ein klares kommerzielles Interesse. Wir haben auch viel privates Geld in das Projekt gesteckt“, betont Happe. Die acht Gesellschafter von Zeche Neuland investieren seinen Angaben zufolge insgesamt eine mittlere sechsstellige Summe. Von der RAG gebe es eine Zusage für mindestens acht Jahre. Für die Wortschöpfung „Zeche Neuland“ haben Happe und seine Mitstreiter eine Agentur aus Recklinghausen beauftragt.

Zollverein vor 27 Jahren und heute

Rückbau unter Tage: Bergleute waren auch ein Jahr nach der Schließung noch damit beschäftigt, die Abbautechnik aus den Strecken und Streben zu entfernen, soweit dies sinnvoll war.
Rückbau unter Tage: Bergleute waren auch ein Jahr nach der Schließung noch damit beschäftigt, die Abbautechnik aus den Strecken und Streben zu entfernen, soweit dies sinnvoll war. © Jochen Tack
Warum dieser Bergmann Schutt in eine Schubkarre schaufelt, kann auch Jochen Tack nicht mehr genau sagen. Schächte auf Zollverein mussten verfüllt und Strecken zugemauert werden.
Warum dieser Bergmann Schutt in eine Schubkarre schaufelt, kann auch Jochen Tack nicht mehr genau sagen. Schächte auf Zollverein mussten verfüllt und Strecken zugemauert werden. © Jochen Tack
Auf Zollverein wurde 1987 nicht nur abgerissen, sondern auch investiert. Diese neu eingebauten Maschinen auf der achten Sohle in 950 Metern Tiefe dienen bis heute der Wasserhaltung.
Auf Zollverein wurde 1987 nicht nur abgerissen, sondern auch investiert. Diese neu eingebauten Maschinen auf der achten Sohle in 950 Metern Tiefe dienen bis heute der Wasserhaltung. © Jochen Tack
Von oben sieht man, dass die Loren auch nach Schließung des Bergwerks noch im Einsatz waren und mit ihnen Material aus den Schächten abtransportiert wurde. Das Areal ist heute der Parkplatz vor dem Gebäude Designstadt Nummer 1.
Von oben sieht man, dass die Loren auch nach Schließung des Bergwerks noch im Einsatz waren und mit ihnen Material aus den Schächten abtransportiert wurde. Das Areal ist heute der Parkplatz vor dem Gebäude Designstadt Nummer 1. © Jochen Tack
Der Fördermaschinist steuert heute wie 1987 noch die Seilfahrt an Schacht XII. Die Seile an der Fördermaschine sind dick wie Oberarme. Heute sitzt hier Bergmann Markus Genzel aus Bochum.
Der Fördermaschinist steuert heute wie 1987 noch die Seilfahrt an Schacht XII. Die Seile an der Fördermaschine sind dick wie Oberarme. Heute sitzt hier Bergmann Markus Genzel aus Bochum. © Jochen Tack
Blick von Schacht 2 auf die Kokerei, die Gleisharfe (heute vielfach Spazierwege) und rechts wieder der jetzige Parkplatz an der Designstadt Nummer 1. Vor der Kokerei ist links der Portalkratzer zu erkennen, der eine Kohlehalde auftürmt. Über die Bandbrücke darüber gelangte früher die Kohle vom Wiegeturm in die Kopfstation der Kokerei-Mischanlage. Heute werden auf die gleiche Weise Museumsbesucher in kleinen Wagen gefahren.
Blick von Schacht 2 auf die Kokerei, die Gleisharfe (heute vielfach Spazierwege) und rechts wieder der jetzige Parkplatz an der Designstadt Nummer 1. Vor der Kokerei ist links der Portalkratzer zu erkennen, der eine Kohlehalde auftürmt. Über die Bandbrücke darüber gelangte früher die Kohle vom Wiegeturm in die Kopfstation der Kokerei-Mischanlage. Heute werden auf die gleiche Weise Museumsbesucher in kleinen Wagen gefahren. © Jochen Tack
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Happe will die Büros auf dem Zollverein-Gelände womöglich auch für seine Personalberatungsfirma Board Partners nutzen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in München, das sich auf die Betreuung deutscher Kunden im Ausland spezialisiert hat, besteht seit rund zwei Jahren und zählt durch einen Zusammenschluss von vier etablierten Firmen weltweit rund 100 Mitarbeiter. Außerdem hat Happe eine Akademie gegründet, in der Aufsichtsräte und Beiräte qualifiziert werden sollen. Eine Ansiedlung seiner Beratungsfirma könne zur Unterstützung der Firmengründer beitragen, meint Happe. „Wir suchen auch junge Leute, die sagen: Wir kommen mal für drei Monate zu euch und schauen, was alles möglich ist.“