Essen. . Zahlreiche Karstädter setzen sich vor Gericht gegen Kündigungen durch die Essener Warenhauskette zur Wehr. Beim Arbeitsgericht Essen liegen 65 Klagen.
Ende März hat die Essener Warenhauskette Karstadt die Kündigungen verschickt, nun gibt es in vielen Fällen ein Nachspiel vor Gericht. Im Kalender der Essener Arbeitsrichterin Katja Buschkröger stehen schon für kommende Woche mehrere Termine in Sachen Karstadt. Seit Anfang April hat das Gericht bereits 65 Klagen gegen das Unternehmen registriert.
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Der Essener Rechtsanwalt Peter Kämereit vertritt nach eigenen Angaben 17 Kärstädter, die mit juristischen Mitteln eine Weiterbeschäftigung beim Warenhauskonzern erreichen wollen. Oft gehe es um langjährige Arbeitsverhältnisse. Kämereit sieht das Unternehmen gefordert, ein schlüssiges Konzept vorzulegen, wie der Betrieb in der Karstadt-Verwaltung nach den zahlreichen Kündigungen aufrecht erhalten bleiben soll. „Es erschließt sich mir nicht, wie dies mit weniger Mitarbeitern in der Zentrale funktionieren soll“, sagte Kämereit. „Es gibt noch viele offene Fragen.“
Das Unternehmen wollte sich auf Anfrage nicht zu den Klagen äußern. In der Essener Karstadt-Zentrale sollten laut Betriebsrat rund 350 Stellen wegfallen – etwa jeder fünfte Arbeitsplatz.
Transfergesellschaft mit Erfahrung von Nokia und BenQ
Die anstehenden Gerichtsverfahren sorgen auch auf den Fluren der Firmenzentrale im Stadtteil Bredeney für Gesprächsstoff. „Ja, es gibt Kollegen, die geklagt haben, um eine Weiterbeschäftigung zu erreichen“, bestätigte Arno Leder, der örtliche Betriebsratschef. Viele Beschäftigte haben in den vergangenen Wochen vor der Wahl gestanden, ob sie in eine Transfergesellschaft wechseln sollen.
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Anfang Juni soll das Qualifizierungsprojekt starten und bis zum 28. Februar nächsten Jahres laufen. Ziel ist es, die Beschäftigten auf Arbeitsplätze jenseits von Karstadt zu vermitteln. Die Organisation der Transfergesellschaft soll der Dortmunder Dienstleister PEAG übernehmen. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen bereits für Thyssen-Krupp, Nokia und BenQ gearbeitet.
„Es ist eine ganz persönliche Entscheidung jedes Einzelnen, sich für die Transfergesellschaft oder eine Klage zu entscheiden“, betonte Karstadt-Betriebsrat Leder. „Vor- und Nachteile jeder Option haben wir mit den betroffenen Mitarbeitern in Einzelgesprächen vor Ort beraten.“
Tarifverhandlungen wieder einmal vertagt
Bundesweit hatten nach Angaben von Karstadt rund 960 Mitarbeiter eine Kündigung erhalten. Für die Betroffenen waren unter anderem Abfindungen vereinbart worden. Es galt die Formel: Bruttomonatsgehalt mal Betriebszugehörigkeit mal 0,5. Eine Verkäuferin, die 20 Jahre bei Karstadt in NRW war, sollte also eine Abfindung in Höhe von rund 22.500 Euro erhalten.
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Für die Beschäftigten, die im Unternehmen bleiben, laufen dieser Tage Tarifverhandlungen – bislang ohne Ergebnis. „Es gibt in einzelnen Punkten erste Annäherungen, aber eben auch weiteren Klärungsbedarf“, berichtete Arno Peukes, Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi, nach einer neuen Gesprächsrunde. Verdi fordert von Karstadt unter anderem eine Standort- und Beschäftigungssicherung. Das Unternehmen hat Einschnitte bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie längere Arbeitszeiten ins Gespräch gebracht. Verdi befürchtet auch, dass es zu weiteren Filialschließungen kommen wird.
Aufsichtsrat von Karstadt berät erneut über die Zukunft
Die Liste der Karstadt-Standorte, die von der Schließung bedroht sind, sei länger geworden, hatte die Gewerkschaft unlängst berichtet: Standen bislang 21 Warenhäuser wegen schlechter Zahlen auf dem Prüfstand, sollen sich nun 28 Filialen auf einer unternehmensinternen „Fokusliste“ befinden.
Die Tarifverhandlungen für die rund 16.000 Beschäftigten in den Warenhäusern und Sportfilialen von Karstadt werden am 15. Mai fortgesetzt. Bereits am heutigen Donnerstag soll der Karstadt-Aufsichtsrat in Essen tagen, um erneut über die Zukunft der angeschlagenen Warenhauskette zu beraten.