Essen. . Beim Energiekonzern RWE unterstreichen Städte wie Dortmund und Essen ihren Machtanspruch. Es geht auch um die Verteilung der Aufsichtsratsposten.

Es war ein bemerkenswerter Brief, den der frühere BDI-Präsident Hans-Peter Keitel kürzlich an RWE-Aufsichtsratschef Manfred Schneider schickte. Einige Dinge wolle er „über den Tag hinaus zweifelsfrei“ festhalten, schrieb Keitel, der seit vielen Jahren im Aufsichtsrat des Essener Energiekonzerns sitzt. Dass er als Schneiders Nachfolger an der Aufsichtsratsspitze nicht mehr zur Verfügung stehe, war eine von Keitels Botschaften – eine weitere lautete: RWE brauche einen „Neuanfang“.

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Personell blieb im Unternehmen allerdings einstweilen alles beim Alten. Einen Nachfolger für seinen eigenen Posten konnte der 76-jährige Schneider trotz entsprechender Bestrebungen noch nicht präsentieren. Der Vertrag von RWE-Vorstandschef Peter Terium wurde bis zum Jahr 2021 verlängert.

Schwelende Konflikte im Konzern sind damit nicht gelöst. Das „Handelsblatt“ spricht gar von einem „offenen Machtkampf“. Dabei geht es um die einflussreichen kommunalen Aktionäre von RWE. Dortmund, Essen, Mülheim und viele weitere NRW-Kommunen halten zusammen rund 24 Prozent der RWE-Aktien und sind mit vier Vertretern im Aufsichtsrat präsent. Schneider wolle den Kommunen aber im nächsten Jahr einen Sitz wegnehmen, heißt es.

Konflikt um RWE-Aufsichtsratsposten für Oberbürgermeister

In einem Positionspapier halten die kommunalen Aktionäre dagegen: Angesichts ihrer Präsenzquote in den Hauptversammlungen von deutlich über 42 Prozent müsse „eher über einen Anspruch der kommunalen Seite auf fünf Sitze“ diskutiert werden. Derzeit gehören unter anderem Mülheims Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld und Dortmunds Stadtoberhaupt Ullrich Sierau (beide SPD) dem Gremium an. Mühlenfeld hört im Herbst an der Stadtspitze auf. Damit ende nicht automatisch ihr RWE-Mandat, wird im Kreis der kommunalen Aktionäre betont.

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Die Kommunen unterstreichen ihren Machtanspruch. Ohne ihre „schützende Hand“ bestehe für RWE auf Dauer „die Gefahr einer feindlichen Übernahme, einer Zerlegung des Konzerns und eines erheblichen Abbaus von Arbeitsplätzen“, heißt es in dem Papier, das unserer Zeitung vorliegt. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen sichere RWE die Kundenbasis – und die Existenz. „Ohne diese Kooperation wäre RWE schon heute wirtschaftlich am Ende“, betonen die kommunalen Aktionäre.

„Ungeduld bei Aktionären wächst“

Planspiele bei RWE für einen möglichen Einstieg von Investoren aus Abu Dhabi haben die Kommunen alarmiert. Angeblich gibt es Erwägungen von Investoren aus Abu Dhabi, zehn Prozent an RWE zu übernehmen. Insbesondere eine Beteiligung auf dem Wege einer Kapitalerhöhung – also durch die Ausgabe neuer Aktien – wäre für die Städte riskant, denn ihr Anteil könnte verwässert werden.

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So gibt es Unruhe vor der RWE-Hauptversammlung am 23. April in der Essener Grugahalle. „Die Ungeduld bei den Aktionären wächst“, sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. RWE benötige eine neue Strategie. „Konzernchef Terium muss nach seiner Vertragsverlängerung jetzt auch liefern“, fordert Tüngler. Da ist er wieder – der Ruf nach einem Neuanfang.