Essen. . Der RWE-Konzern stellt seine Ausschüttung um. Das bedeutet mehr Unsicherheit für den städtischen Haushalt. Essens Kämmerer nimmt das Management in die Pflicht.

Der RWE-Konzern will die Dividende in diesem Jahr mit einem Euro pro Aktie zwar konstant halten. Allerdings ist umstritten, ob sich RWE angesichts hoher Schulden und wegbrechender Einnahmen künftig weiter eine Ausschüttung in dieser Höhe leisten kann. Die Stadt Essen ist mit 18 Millionen Aktien einer der größten Einzelaktionäre. Janet Lindgens sprach mit Kämmerer Lars Martin Klieve über die künftige Dividenden-Politik des Konzerns und die Erwartungen, die die Stadt an das RWE-Management stellt.

Herr Klieve, der RWE-Konzern will künftig seine Dividendenberechnung auf eine breitere Basis stellen und von der wirtschaftlichen Gesamtsituation abhängig machen. Dieses Jahr erwartet der Vorstand einen weiteren Ergebnis-Rückgang. Muss die Stadt als Aktionär also künftig mit einer weiter sinkenden Dividende rechnen?

Kämmerer Lars Martin Klieve.
Kämmerer Lars Martin Klieve. © WAZ FotoPool/ Ralf Rottmann

Lars Klieve: Angesichts der Probleme am Energiemarkt muss man immer das Schlimmste befürchten. Das Unternehmen steckt in einer extrem schwierigen Lage. Aber vier Jahre nach Fukushima und dem Beginn der deutschen Energiewende darf man von einem hochbezahlten Management ein tragfähiges Geschäftsmodell erwarten, das auch eine deutliche Dividenden-Stabilität verspricht. Das Geld aus dem Dea-Verkauf bleibt außerdem im Unternehmen und geht nicht als Sonderausschüttung an die Aktionäre. Im Gegenzug darf man eine stabile Dividende auch in diesem und die kommenden Jahre erwarten. Ein Euro pro Aktie sollten es weiterhin sein.

Bringt die neue Berechnung nicht zusätzliche Planungsunsicherheit für den städtischen Haushalt?

Die Planung wird in der Tat schwieriger. Ich will mich aber nicht einfach mit dem Argument abfinden, dass die Zeiten schwierig sind und deshalb das Ergebnis schlechter ausfällt. Wie gesagt, es ist an der Zeit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

RWE-Chef Peter Terium wollte sich gestern allerdings nicht auf konkrete Ziele festlegen, die die neuen Wachstumsfelder in Zukunft erreichen sollen bzw. können.

Ich kann verstehen, dass die RWE-Spitze die Erwartungen lieber dämpft. Allerdings wäre es jetzt an der Zeit, Signale auszusenden, worin die Zuversicht des Managements begründet liegt. Ich halte auch nichts davon, immer wieder Tatarenmeldungen in Richtung Politik vorzutragen, die bis heute nichts bewirkt haben. Es ist an der Zeit, sich mit den Gegebenheiten abzufinden und sich neu zu positionieren.

RWE will nach eigenem Bekunden die Verschuldung zurückfahren, das Eigenkapital stärken, auch um in die Wachstumsmärkte investieren zu können. Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Aktionäre ihren Anteil daran mit einer niedrigeren Dividende leisten würden?

Der Markt hat die Ankündigung von Terium, die Formel für die Dividendenberechnung zu verändern, Anfang Dezember nicht freundlich aufgenommen. Der Aktienkurs hat darunter bis heute gelitten. Wenn die Dividende weiter gekürzt würde, würde der Markt sicher enttäuscht reagieren. Die Aktionäre haben im Übrigen in der Vergangenheit schon einen erheblichen Beitrag geleistet. Die Kürzung der Dividende von 3,50 Euro auf einen Euro hat allein der Stadt Essen 45 Millionen Euro an Einnahmeverlusten beschert.

Terium deutete an, dass RWE vergangenes Jahr deutlich weniger Steuern bezahlt hat. Wie stark trifft das die Stadt Essen?

Aus Gründen des Steuergeheimnisses darf ich nicht darüber reden. Aber es ist natürlich kein Geheimnis, dass schlechtere Ergebnisse nicht zum Vorteil des städtischen Haushalts sind. Und das ist sicher noch die größte Untertreibung des Jahres.