Berlin. . Die Familienministerin fordert, dass Firmen mit mehr als 500 Angestellten Einkommensberichte vorlegen - und Gehälter vollkommen transparent machen.
Erst die Quote, dann die Knete: Am Freitag entscheidet der Bundestag nach jahrelanger Debatte endgültig über die gesetzliche Frauenquote für große Unternehmen. Zwei Wochen später will Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) das nächste Gesetz für mehr Frauenförderung auf den Weg bringen: Um die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen, sollen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern künftig über die Lohnverhältnisse im Betrieb Berichte vorlegen. Arbeitnehmer sollen zudem Auskunft über ihre Einstufung im Vergleich zu anderen Kollegen verlangen können. Wunder erwartet selbst die Ministerin nicht davon.
22 Prozent mehr Lohn für Männer
„Das Gesetz kann nicht beschließen, dass Frauen mehr Geld bekommen“, räumt Schwesig ein. Am Ende, so ihre Hoffnung, könnte aber genau das dabei herauskommen: „Weil wir die ungerechten Gehaltsstrukturen zum Thema machen.“ In Österreich gibt es seit 2011 gesetzliche Regelungen zu mehr Lohntransparenz. Unternehmen müssen Einkommensberichte vorlegen und bei Stellenausschreibungen Gehaltsangaben machen. Drei Jahre später berichteten Betriebsräte in einer Umfrage von leichten Verbesserungen. Die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern sei jetzt auch für die Arbeitgeber eine ernstzunehmende betriebliche Baustelle.
In Deutschland bekommen Männer im Schnitt 22 Prozent mehr Lohn als Frauen. Die wichtigste Ursache dafür liegt in den Berufsbiografien. Frauen suchen sich häufiger Jobs in schlecht bezahlten Branchen, legen Jobpausen für die Familie ein, arbeiten oft nur in Teilzeit und meiden Führungsaufgaben aus Sorge, Familie und Beruf nicht unter einen Hut bringen zu können. Mit dem Alter wächst die Lohnlücke deswegen weiter an: Bei Frauen unter 30 Jahren liegt sie bei 13 Prozent, bei Frauen über 61 Jahren bei 28 Prozent, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung berechnet hat. Aus der Lohnlücke wird schließlich eine Rentenlücke: Laut OECD bekommen Frauen in Deutschland im Schnitt nur die Hälfte der durchschnittlichen Rente von Männern.
Frauen pokern weniger beim Gehalt
Experten weisen jedoch darauf hin, dass nur zwei Drittel des Lohnunterschieds durch Faktoren wie Berufswahl, Teilzeitbeschäftigung oder Familienpausen zu erklären sind. Der bereinigte „Gender Pay Gap“ liegt laut Statistischem Bundesamt seit Langem bei sieben Prozent. Mögliche Ursachen für die Lücke: Frauen pokern weniger bei Gehaltsverhandlungen und gelten in den Augen mancher Arbeitgeber als weniger wertvolle Arbeitskräfte.
„Nur weil man die Lohnunterschiede erklären kann, sind sie noch nicht gerecht“, sagt Schwesig. Während die Gewerkschaften ihre Gesetzesinitiative im Grundsatz unterstützen, kommt Widerstand aus der Wirtschaft – die Sorge vor einem Bürokratiemonster ist groß. Schwesig weist das zurück: „Wir wollen das Gesetz praxistauglich gestalten.“ Für Unternehmen ab 500 Mitarbeitern bedeute es wenig Aufwand, in ihrem Lagebericht auch eine Aussage über die Lohnverhältnisse bei Frauen und Männern zu machen.