Essen. IG Metall und Metall-Arbeitgeber einigen sich auf eine Tariferhöhung um 3,4 Prozent, eine verkürzte Altersteilzeit und Weiterbildung für Ungelernte.

Wenn die Metaller zu Jahresbeginn einen Tarifabschluss erzielen, gilt das in Deutschland auch als Signal für die anderen Branchen. Die aktuelle Einigung zwischen Arbeitgebern und IG Metall sendet gleich drei Signale: Eine angesichts kaum vorhandener Inflation üppige Lohnerhöhung um 3,4 Prozent sowie neue, an die Zeit angepasste Regelungen zur Altersteilzeit und zur Weiterbildung. Die Ergebnisse im Überblick:

Dickes Reallohnplus

Für die ersten drei Monate dieses Jahres erhalten die bundesweit mehr als 3,7 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie eine Einmalzahlung von 150 Euro, die im März gezahlt wird. Ab April werden die Entgelte um 3,4 Prozent erhöht, dieser Vertrag läuft bis Ende März 2016. IG-Metall-Chef Detlef Wetzel hob die Bedeutung des Abschlusses über die Branche hinaus hervor, er stabilisiere die Konjunktur in Deutschland. „Wir stärken die Kaufkraft im Binnenmarkt“, sagte Knut Giesler, IG-Metall-Chef in NRW.

Stefan Wolf, Arbeitgeber-Chef in Baden-Württemberg, sprach vom „dicksten Reallohnplus seit Jahrzehnten“. Arndt Kirchhoff, Verhandlungsführer in NRW, sagte, beim Entgelt sei die Schmerzgrenze erreicht und nur akzeptiert worden, um einen drohenden Arbeitskampf zu verhindern.

Neuregelung der Altersteilzeit

Wolf erklärte den üppigen Lohnaufschlag auch damit, dass die Gewerkschaft den Arbeitgebern bei den „qualitativen“ Themen weit entgegengekommen sei. Gemeint ist vor allem die Neuregelung der Altersteilzeit. Allerdings setzten sich die Arbeitgeber auch hier mit ihrer wichtigsten Forderung – die Halbierung der Anspruchsberechtigten von vier auf zwei Prozent – nicht durch. Es bleibt dabei, dass vier Prozent einer Belegschaft in Altersteilzeit gehen können. Die Bedingungen wurden jedoch deutlich geändert.

IGM-Streik in Mülheim

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Im Sinne der Arbeitgeber ist die Verkürzung der Altersteilzeit von derzeit sechs Jahren – für besonders Belastete auf fünf und für alle anderen auf vier Jahre. Fachkräfte bleiben damit auch in Altersteilzeit zumindest etwas länger im Betrieb.

Eigentlich wollten die Arbeitgeber, dass nur noch besonders Belastete, vor allem Schichtarbeiter, in Altersteilzeit gehen dürfen. Und nicht Mitarbeiter, die noch können, aber nicht mehr wollen. Hier gab es einen Kompromiss: Besonders Belastete werden künftig bis zur Quote von drei Prozent der Belegschaft bevorzugt in Altersteilzeit gelassen, alle anderen müssen sich hinten anstellen. Damit gehen künftig weniger Fachkräfte in den bezahlten Vorruhestand, die einfach nicht mehr wollen. Da dies in der Regel Beschäftigte mit eher hohen Löhnen waren, dürfte die Neuregelung den Arbeitgebern hier auch Geld sparen. Sie stocken die Löhne während der Altersteilzeit, die eine Halbierung der Arbeitszeit bedeutet, auf 80 Prozent auf.

Weiterbildungs-Regelung wird ausgeweitet

Gleichzeitig wird den Beschäftigten der unteren Lohngruppen der Zugang erleichtert, indem ihre Bezüge während der Altersteilzeit künftig auf 90 Prozent aufgestockt werden. Besonders Belastete können zudem weiter bereits mit 58 Jahren in Altersteilzeit gehen. Wenn sie dann mit 63 in Rente gehen und das mit Abschlägen verbunden ist, erhalten sie zudem zwei Jahre lang 250 Euro im Monat zur Überbrückung. Alle anderen können erst ab 61 in Altersteilzeit gehen und erhalten den Rentenzuschuss nicht. Dass Altersteilzeit nicht mehr vor allem denen hilft, die sich die Abschläge leisten konnten, ist im Sinne von Arbeitgebern und IG Metall.

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Dieser Punkt wurde in NRW ausgehandelt, mit dem Ergebnis können beide Seiten gut leben. Die IG Metall wollte ein persönliches Recht durchsetzen, für eine vom Arbeitgeber bezuschusste Weiterbildung in Teilzeit gehen zu können. Das schaffte sie nicht. Die bestehende Regelung wird aber ausgeweitet, so erhält nun der Betriebsrat ein Mitspracherecht, der Beschäftigte muss nicht mehr allein beim Chef um die Fortbildung bitten. Die Bewilligung einer Bildungsteilzeit wird „streitbar“, das heißt, bei Ablehnung kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Um die Qualifizierung abzustimmen, soll der Betriebsrat den Bedarf in der Belegschaft ermitteln und mit dem Arbeitgeber einen Fortbildungsplan aufstellen.

Die IG Metall betont, bei der Weiterbildung sollten Un- und Angelernte künftig bevorzugt berücksichtigt werden. Auch die Arbeitgeber in NRW sind zufrieden mit dem Kompromiss, gar „stolz“, wie ihr Präsident Kirchhoff sagte. Die Mitbestimmung durch den Betriebsrat sei „kein Problem für uns“, die „ständige Nachqualifizierung“ der Mitarbeiter halte die Betriebe wettbewerbsfähig und sei daher ganz in ihrem Sinne.