Essen. . 1400 Karstadt-Beschäftigte sollen eine Kündigung erhalten. Verdi-Experte Arno Peukes nennt Einzelheiten zu Abfindungen und Transfergesellschaft.

Die angeschlagene Essener Warenhauskette Karstadt will schon im März Kündigungen verschicken. 1400 Mitarbeiter seien betroffen, berichtet die Gewerkschaft Verdi. Für die Betroffenen seien Abfindungen vereinbart worden. „Grundsätzlich gilt die Formel: Bruttomonatsgehalt mal Betriebszugehörigkeit mal 0,5. Das heißt: Eine Verkäuferin, die 20 Jahre im Unternehmen ist, erhält bei ihrem Bruttomonatsgehalt von 2248 Euro in NRW eine Abfindung in Höhe von 22 480 Euro“, sagte Verdi-Experte Arno Peukes der WAZ. Die Obergrenze für Abfindungen liege bei 18 Bruttomonatsgehältern. Für eine Verkäuferin in NRW wäre dies eine Abfindung in Höhe von 40 464 Euro.

Arno Peukes von der Gewerkschaft Verdi erläutert, wie es nun weitergeht.

Herr Peukes, Karstadt will schon im März Kündigungen verschicken. Aller Voraussicht nach sind rund 1400 Beschäftigte betroffen. Worauf müssen sich die Mitarbeiter einstellen?

Arno Peukes: Für Beschäftigte, die im Zuge der Sanierung entlassen werden, gibt es klare Regeln für die Höhe der Abfindung. Grundsätzlich gilt die Formel: Bruttomonatsgehalt mal Betriebszugehörigkeit mal 0,5. Das heißt: Eine Verkäuferin, die 20 Jahre im Unternehmen ist, erhält bei ihrem Bruttomonatsgehalt von 2248 Euro in NRW eine Abfindung in Höhe von 22.480 Euro. Bei 30 Jahren Betriebszugehörigkeit wären es 33.720 Euro.

Große Sprünge kann man damit nicht machen, und die Abfindung muss auch noch versteuert werden.

Peukes: Das ist richtig. Immerhin: Die Steuerbelastung kann über fünf Jahre gestreckt werden. Klar ist: Eine Kündigung tut richtig weh.

Gibt es Obergrenzen für die Abfindungen?

Peukes: Ja, die Obergrenze setzt bei 18 Bruttomonatsgehältern ein. Für eine Karstadt-Verkäuferin in NRW wäre dies eine Abfindung in Höhe von 40.464 Euro.

Karstadt-Beschäftigte, die eine Kündigung erhalten, können in eine Transfergesellschaft wechseln. Gibt es die Abfindung auch beim Wechsel in diese Gesellschaft – und was passiert dann?

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Peukes: Ja, die Abfindung gibt es auch dann. Die Transfergesellschaft soll Anfang Juni starten und bis zum 28. Februar nächsten Jahres laufen. Das Ziel ist, die Beschäftigten je nach regionalen Bedürfnissen für andere Jobs zu qualifizieren.

Wie viel Geld pro Monat bekommen die ausgeschiedenen Karstadt-Mitarbeiter in der Transfergesellschaft?

Peukes: In der Regel 80 Prozent des letzten Nettogehalts. Sie bekommen Arbeitslosengeld, das durch Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit und von Karstadt auf diesen Betrag aufgestockt wird.

Auch die Beschäftigten, die bei Karstadt bleiben, müssen sich auf Veränderungen einstellen. Geplant ist unter anderen eine Drei-Teilung der Belegschaft in Kassierer, Verkäufer und Wareneinräumer. Was sind die Konsequenzen?

Peukes: Karstadt hat zugesichert, dass es keine Änderungskündigungen oder Abgruppierungen geben soll. Beschäftigte, die neu als Warenauffüller eingestellt werden, müssen sich aber auf niedrigere Gehälter im Vergleich zu den Verkäuferinnen einstellen. Die monatlichen Einbußen können bei knapp 300 Euro liegen.

Was halten Sie von der Entscheidung der Karstadt-Führung, Teams für Wareneinräumer zu gründen?

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Peukes: Wir sehen das kritisch. In der Praxis könnte es Probleme geben: Was ist denn, wenn ein Kunde bei Karstadt einen Warenauffüller anspricht, der gerade Pullover in Regale einräumt? Bekommt der Kunde dann künftig keine Auskunft mehr? Klar ist: Wer berät, hat Anspruch auf eine bessere Bezahlung. Beim Karstadt-Konkurrenten Kaufhof gibt es solche Teams übrigens nicht.

Es gibt Spekulationen über mögliche weitere Filialschließungen bei Karstadt. Gleichzeitig fordert die Geschäftsführung von den Mitarbeitern weitere finanzielle Zugeständnisse, mehr Flexibilität und längere Arbeitszeiten. Dazu laufen Verhandlungen. Was erwarten Sie?

Peukes: Was die Karstadt-Geschäftsführung fordert, ist mit uns nicht zu machen. Es kann nicht sein, dass die Mitarbeiter um die Zukunft ihrer Standorte bangen und gleichzeitig weitere Einbußen befürchten müssen. Die Beschäftigten verlangen Sicherheit und klare Zusagen.

Kann man dem Karstadt-Eigentümer René Benko vertrauen?

Peukes: Wir nehmen Herrn Benko beim Wort, wenn er sagt, er wolle Karstadt als Warenhaus in die Zukunft führen. Es liegt in seiner Hand, das zu beweisen. Karstadt braucht jetzt gute Konzepte und Investitionen, um die Umsätze zu steigern. Das Sparen auf dem Rücken der Beschäftigten muss ein Ende haben.