Essen. Mini-Display statt Papier: Immer mehr Einzelhändler rüsten auf digitale Preisschilder um. Dadurch sparen sie viel Zeit - und werden flexibler.

Die Zeiten, in denen der Preis für einen Erdbeerjoghurt auf einem Pappschild am Kühlregal hing, sind vorbei. Jedenfalls in den 500 Rewe-Filialen, die bereits auf digitale Preisschilder umgerüstet sind. Dort verraten nun kleine Digital-Displays dem Kunden, wie viel der Joghurt kostet.

Rewe ist nicht allein, auch Edeka und der Elektronikhändler Saturn setzen zunehmend auf Digital-Preisschilder. Nach Angaben der "Lebensmittelzeitung" experimentiert auch ein Discounter bereits damit.

Weniger Arbeit, mehr Flexibilität

Für Händler bedeutet die Preisschild-Revolution vor allem: weniger Arbeit und mehr Flexibilität. Statt jedes Preisschild einzeln aus seiner Aufhängung zu friemeln und durch ein neues zu ersetzen, das zudem auch noch ausgedruckt werden muss, können Preise jetzt in Sekundenschnelle am Rechner verändert werden.

Damit können Händler schneller reagieren, wenn ein Konkurrent seine Preise verändert. Insbesondere für Saturn ist das wichtig, um im Wettkampf mit dem Online-Händler Amazon konkurrenzfähig zu bleiben.

Niedrigerer Preis für älteres Obst möglich

Doch auch Supermärkte können das nutzen und beispielsweise die Preise zu Uhrzeiten senken, zu denen wenig Kunden ins Geschäft kommen. "Das wird der erste Schritt sein", erwartet Martin Fassnacht, Marketing-Experte der Wirtschaftshochschule WHU.

Denkbar sei auch, dass der Preis für Obst und Gemüse fällt, wenn die Ware nicht mehr taufrisch ist. So könnten die Händler versuchen, Ware loszuwerden, die zum ursprünglichen Preis längst unverkäuflich wäre.

Jede Woche 100 neue Etiketten

Rewe widerspricht beiden Theorien: Es gehe in keinster Weise um die Möglichkeit „tageszeitabhängiger Rabattaktionen“ oder um „tankstellenähnliche Preisänderungen“, sagt Unternehmenssprecher Thomas Bonrath. Sondern darum, die Mitarbeiter von einem "zeitaufwändigen und ineffizienten Arbeitsprozess zu befreien".

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Woche für Woche müssten sonst rund 100 Etiketten ausgetauscht werden. Das koste nicht nur Zeit, sondern sei auch fehleranfällig. Immer wieder hätte es Kundenreklamationen wegen Falschauszeichnungen gegeben.

Preisschild nicht ausschlaggebend

Ob der Kunde von der Supermarkt-Digitalisierung profitiert, ist unklar. Experten hatten mehrfach davor gewarnt, Händler könnten digitale Preisschilder nutzen, um etwa den Bierpreis kurz vor Fußballspielen zu erhöhen. "Wir haben dafür noch keine Anhaltspunkte", sagt Miriam Rusch von der Verbraucherzentrale NRW.

Es könne allerdings passieren, dass Kunden am Warenregal einen niedrigeren Preis angezeigt bekämen als den, den sie letztendlich bezahlen müssen.

Die Rechtslage sei in solchen Fällen aber eindeutig: "Es gilt der Preis, der an der Kasse aufgerufen wird, nicht das Preisschild am Regal", erklärt Rusch. Das sei bei digitalen Preisschildern nicht anders als bei solchen aus Papier.

Entwicklung noch ganz am Anfang

Die größere Flexibilität setzt die Händler auch in Zugzwang: Senkt ein Supermarkt seinen Margarinepreis, müssen Händler in der Nachbarschaft mitziehen, wenn sie nicht auf ihren Vorräten sitzenbleiben wollen. So will es zumindest die ökonomische Theorie.

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Sicher ist: Digitale Preisschilder eröffnen Händlern völlig neue Möglichkeiten. So können die Mini-Bildschirme für Smartphones lesbare Codes enthalten, die den Kunden auf Webseiten mit zusätzlichen Produktinformationen führen.

Ob der durchschnittliche Erdbeerjoghurt-Käufer sich dafür interessiert, steht auf einem anderen Blatt.