Mülheim. . Mütter kehren früher in den Beruf zurück, Kinder kommen eher in die Betreuung. Die Mülheimer Familienbildungsstätten passen ihre Programme an.

Eltern verbringen gerne Zeit mit ihrem Nachwuchs, aber im Alltag wird es zunehmend eng. Das stellen die Anbieter von Familienbildung in Mülheim fest und versuchen ihre Programme anzupassen.

Dies gilt beispielsweise für den Verein „Eltern werden - Eltern sein e.V.“ (EwEs), der seit rund zwei Jahrzehnten mit öffentlicher Förderung aktiv ist. In Mülheim gehört er zu den etablierten Einrichtungen, neben der evangelischen, der katholischen und der Awo-Familienbildung. Im Vorjahr wurden bei EwEs mehr als 1500 Anmeldungen von Erwachsenen und über 1300 von Kindern registriert.

Im Blick auf die Spielgruppen für Kleinstkinder etwa, ein klassisches Angebot, stellt EwEs-Leiter Reiner Kraft fest, dass die Zeitfenster immer enger werden. „Junge Mütter gehen heute wesentlich früher in ihre Berufe zurück.“ Der Nachwuchs kommt eher in die Betreuung, regelmäßige Kurse lassen sich schwerer organisieren. Als Alternative gibt es offene Treffs, die gut angenommen werden.

Veränderungen im Alltag und in den Ansprüchen ihrer Zielgruppe stellt auch Rita Hövelmann fest, Leiterin der katholischen Familienbildungsstätte für Mülheim und Oberhausen. Sie sagt: „Im Spagat zwischen Familie und Beruf sind Eltern sehr gefordert. Um passgenaue Angebote zu machen, arbeiten wir zunehmend mit Kindertagesstätten zusammen.“

Im Jahr 2014 hatte die katholische Familienbildung in Mülheim exakt 1433 Teilnehmer, wobei nur die Erwachsenen gezählt sind. Bisweilen nehmen auch Kinder berufstätiger Eltern in Begleitung von Tagesmüttern oder Großeltern an den Gruppen teil. „Auch das“, sagt Rita Hövelmann, „hat es früher so nicht gegeben.“

Gleiches gilt für multikulturelle Angebote, wie sie etwa der Verein „Eltern werden - Eltern sein“ recht erfolgreich erprobt. Hier besteht neben einer spanischsprachigen Spielgruppe auch ein afrodeutscher Eltern-Kind-Treff. Grundsätzlich stellt der Verein fest, „dass immer mehr junge Eltern mit ausländischen Wurzeln unsere Kurse besuchen“.

Familienbildung ist offensichtlich nach wie vor gefragt, aber stark im Wandel. Eine weitere Tendenz erkennt Rita Hövelmann, und zwar „niederschwellige Angebote, bei denen junge Eltern mit Babys und Kleinkindern alltagsnah begleitet werden“. Manchmal müssen sie dazu gar nicht mehr aus dem Haus gehen, sondern bekommen Besuch.

Regelmäßige Kurse meist ohne Väter

Familienbildung ist vorwiegend Müttersache – daran hat auch das Elterngeld bislang wenig geändert.

So sagt Rita Hövelmann, Leiterin der Katholischen Familienbildungsstätte Mülheim und Oberhausen: „Es ist schwierig, Väter für regelmäßige Termine zu gewinnen. Die Kurse sind sehr frauendominiert.“

Reiner Kraft, Leiter des 1990 gegründeten Mülheimer Vereins EwEs, beobachtet sogar eine „gewisse Rückorientierung der Männer“. Ihm sei aufgefallen, dass Väter in den neunziger Jahren noch wesentlich stärker vertreten waren, vor allem bei Abendveranstaltungen. „Elternzeit wird zwar genutzt, aber das heißt nicht unbedingt, dass die Leute zu unseren Kursen kommen. Väter sind beruflich viel stärker eingespannt als früher.“

Beide Anbieter haben daher spezielle Wochenend-Pekip-Kurse für Väter im Programm, die auch gerne gebucht werden. Gleiches gilt für das samstägliche Baby- und Kleinkinderschwimmen, an dem Väter rege teilnehmen. Reiner Kraft folgert daraus, dass Männer „ihre immer knappere freie Zeit durchaus nutzen, um mit ihren Kindern etwas Sinnvolles zu unternehmen“.