Berlin. . Über Hilfsprogramme für Griechenland und Anleihenkäufe steht Deutschland mit 70 Milliarden Euro im Feuer. Vor allem sind staatliche Banken betroffen.
Nach dem Wahlerfolg seines Linksbündnisses will sich Alexis Tsipras Zugeständnisse ertrotzen. Macht die EU sein Spiel mit? Stellt der Grieche die Forderung nach einem Schuldenschnitt zurück? Zahlen, Fakten und Szenarien zur Rückkehr der Griechenland-Krise:
Was drängt?
Vom internationalen Hilfsprogramm steht eine Tranche in Höhe von 1,8 Milliarden Euro aus. Die Mittel wurden nicht ausgezahlt, weil Athen schon bisher nicht alle Auflagen erfüllt hat. Das Hilfsprogramm läuft Ende Februar aus, schon ab 1. März drohen dem Land Finanzierungsschwierigkeiten, wenn es zu keiner Einigung kommt. Einigt sich Tsipras dagegen mit der EU, dann winkt zusätzlich zu den 1,8 Milliarden eine vorsorgliche Kreditlinie von zehn Milliarden Euro – ein Dispokredit.
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Und wenn Tsipras scheitert?
Insider sprechen von einem „Dirty Exit“: Griechenland steigt aus, alle Zahlungen werden gestoppt. Das Land müsste sich Geld auf dem Markt besorgen. Doch die zwischenzeitlich gesunkenen Zinsen auf griechische Anleihen sind längst in dem Maße gestiegen, wie das Vertrauen der Märkte in die Verlässlichkeit Athens gesunken ist. Ohne die EU im Rücken wären Kredite unbezahlbar. Deshalb wurde das Hilfsprogramm erst im Dezember zwei Monate verlängert.
Kann Tsipras den Plan einhalten?
Das wäre machbar, aber schwierig; der Zeitdruck ist groß. Realistischer ist, dass er einen neuen Aufschub beantragen wird. Das sei eine „Option“, bestätigte gestern in Berlin das Finanzministerium. Tsipras bekäme Zeit, um eine Regierung aufzustellen, sich ehrlich zu machen und den Wählern zu erklären, dass er nicht jedes Wahlversprechen sofort einlösen kann, sondern manche Sparauflage zunächst erfüllen muss.
Mehr Zeit statt mehr Geld?
Das würde zum bisherigen Vorgehen passen. Lag die Laufzeit des ersten Rettungsschirmes (110 Milliarden Euro) noch bei 30 Jahren (Tilgung ab 2020 begonnen), ging das zweite Paket (164 Milliarden) schon über 40 Jahre, die Zinsen wurden bis 2023 gestundet. Griechenland handelte Schritt für Schritt bessere Konditionen aus. Wenn es rational zugeht, macht das Linksbündnis da weiter, wo seine Vorgänger aufgehört haben.
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Warum hält Tsipras am Schuldenschnitt fest?
Die Staatsschulden betragen über 318 Milliarden Euro. Das entspricht 175 Prozent der Wirtschaftsleistung – eine untragbare Schuldenquote. Viele Experten halten einen Schuldenschnitt für unumgänglich. Die Maximalforderung hilft Tsipras ferner bei den Verhandlungen, die Konditionen zu verbessern, etwa mit einer erneuten Zinssenkung oder einer Laufzeitverlängerung auf 50 Jahre.
Welche Verluste drohen den deutschen Steuerzahlern?
Anders als beim ersten Schuldenschnitt wären diesmal vor allem staatliche Banken betroffen, allen voran die KfW, die gegenüber Athen Forderungen in Höhe von gut 15 Milliarden Euro hält. Der Verlust hängt von der Höhe des Schuldenschnitts ab. Über die Hilfsprogramme und Anleihenkäufe der EZB steht Deutschland insgesamt mit rund 70 Milliarden Euro im Feuer. Dieses Geld wäre vor allem dann gefährdet, wenn Griechenland aus dem Euro austritt und dann pleite ginge.
Kann man dafür eine Mehrheit im Bundestag gewinnen?
Als der Bundestag im Dezember einen zweimonatigen Aufschub beriet, verursachte die Debatte keine großen Schlagzeilen mehr. Damals regierten noch gemäßigte Parteien in Athen, die Neuwahl stand nicht fest. Aber nach Tsipras Sieg wird es Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schwerer haben, für weitere Zugeständnisse eine Mehrheit zu organisieren. Das könnte auch der AfD Auftrieb geben.