Essen. Die Europäische Zentralbank wird am Donnerstag sehr wahrscheinich den multimilliardenschweren Ankauf von Staatsanleihen beschließen. Ob das den Krisenländern hilft, bleibt fraglich.

Die Europäer teilen sich eine Währung, jede Menge Werte und noch mehr Vorschriften. Künftig teilen sie sich auch die Schulden. Darauf zumindest läuft es hinaus, wenn am Donnerstag der Rat der Europäischen Zentralbank sich zu einem Multi-Milliarden-Ankauf von Staatsanleihen entschließt.

Was das mit dem Euro macht, wann und wie es die Bürger in Deutschland betrifft und ob EZB-Präsident Mario Draghi mit seiner „Bazooka“ wirklich die Wirtschaft vor allem im kriselnden Südeuropa befeuert? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was hat die EZB vor?

Ursprung ist die Aussage Draghis aus 2012, er werde alles tun, um den Euro zu retten. Letztes Mittel ist der massenhafte Aufkauf von Staatsanleihen der Euro-Länder. Dafür druckt die EZB frisches Geld und erwirbt damit Schuldscheine der einzelnen Länder. In der Praxis kauft die EZB die meisten Anleihen nationalen Banken ab, die somit viel frisches Geld erhalten. Gerade die Banken in Südeuropa werden damit gleichzeitig riskante Papiere los.

Was bezweckt die EZB damit?

Draghis wichtigstes Ziel ist die Verhinderung einer Deflation. Er befürchtet gerade in Südeuropa eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen, sinkendem Konsum und schrumpfender Wirtschaft. Die Geldschwemme soll das verhindern und die Preise wieder steigen lassen.

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Das damit einhergehende zweite große Ziel ist es, die Wirtschaft anzukurbeln. Die Banken können durch das frische, billige Geld mehr und zinsgünstigere Kredite an Verbraucher und Unternehmen vergeben, die dann mehr konsumieren und investieren. So lautet jedenfalls der Plan. Kritiker betonen, die Zinsen seien auch in Südeuropa bereits sehr niedrig, bei den Unternehmen dort sei aber nicht mehr Geld angekommen.

Was wird dann aus dem Euro?

Er würde gegenüber dem Dollar weiter an Wert verlieren, weil die US-Notenbank Fed im Gegensatz zur EZB die Zügel wieder straffer ziehen will. Ein schwächerer Euro ist durchaus gewünscht, es würde die Exportchancen der Euro-Länder verbessern, weil ihre Waren für Nicht-EU-Länder billiger würden. „Das würde in der Tat den südeuropäischen Ländern mehr nützen als etwa Deutschland“, sagt Volkswirt Ansgar Belke, der an der Uni Duisburg-Essen lehrt und ein ausgewiesener Kenner der EZB ist. Denn auch die Südländer exportieren kräftig in Länder außerhalb der EU, importieren von dort aber weniger. Die meisten Importe kommen aus Euroländern – und die werden ja nicht teurer.

Wie groß sind die Risiken für Deutschland?

Deutschland haftet mit 27 Prozent für von der EZB gekaufte Anleihen. Sollten Papiere ausfallen, müsste die Bundesbank entsprechend Geld nachschießen. Sollte ein Teil der Anleihenkäufe über die nationalen Notenbanken erfolgen, würde das Risiko sinken. Dann würde etwa die italienische Notenbank italienische Anleihen kaufen und die Bundesbank deutsche.

Was sind direkte Auswirkungen auf die Bundesbürger?

Sowohl Spar- als auch Kreditzinsen für Verbraucher und Unternehmen blieben absehbar extrem niedrig. Da die Sparzinsen bereits nahe Null sind, wird sich für die Verbraucher nicht viel ändern.

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Ökonom Belke sieht mittelfristig aber eine Benachteiligung der Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Denn sie müssten durch die Minizinsen mehr Geld etwa für die Altersvorsorge zurücklegen.

Warum sind die meisten Ökonomen so skeptisch?

Zunächst bezweifeln sie die Gefahr einer gefährlichen Deflation. Derzeit drückt vor allem das billige Rohöl die Preise, die befürchtete Kaufzurückhaltung der Verbraucher in Erwartung immer noch niedrigerer Preise „sehen wir derzeit nicht“, sagt Belke. Der EZB-Experte glaubt auch nicht, dass die Anleihenkäufe die Preise spürbar anheben werden. „Der Effekt wäre mäßig, das bringt allenfalls 0,2 oder 0,3 Prozent Preisauftrieb“, sagt er.

Das gewichtigste Argument gegen Draghis Bazooka ist aber, dass sie nichts an den eigentlichen Problemen der Krisenländer ändere, sondern die Reformen eher bremse und neue Anreize setze, sich zu verschulden. „Seit 2010 ist die Verschuldung dieser Länder nicht gesunken, sondern noch weiter gestiegen“, betont Belke.