Las Vegas. . Was vernetzt werden kann, wird auch vernetzt. Diese Botschaft von Google und der Elektronikbranche hatte noch im vergangenen Jahr die Autobauer in Angst und Schrecken versetzt. Auf der CES 2015 zeigen sich Audi, Daimler, Ford und Co. nun viel selbstbewusster.
Die Autobauer haben der Elektronik-Branche die Show bei der diesjährigen Technik-Messe CES in Las Vegas gestohlen. Vor allem die deutschen Hersteller Audi und Daimler demonstrierten, dass sie schon jetzt die Technologie beherrschen, um selbstfahrende Autos zu bauen. Es ist der Punkt, ab dem klar ist: Roboterautos werden auf die Straßen kommen. Und die Dimension der damit verbundenen Auswirkungen auf die Gesellschaft überwiegt alle möglichen neuen Gadgets oder etwa technische Neuerungen für bessere TV-Bilder.
"Die Autoindustrie hat hier ihr Selbstbewusstsein wiedergefunden", sagt der Autoexperte des IT-Marktforschers Gartner, Thilo Koslowski. In den vergangenen Jahren habe man den Eindruck gehabt, dass die Auto-Hersteller bei selbstfahrenden Fahrzeugen und Vernetzung den Technologiefirmen hinterherhinken. "Jetzt ist die Autoindustrie ganz dicht dran." Außerdem hätten beide Seiten jetzt eine klarere Vorstellung über die Rollenverteilung beim selbstfahrenden Auto haben.
Renaissance des Automobils
"Wir erleben hier eine Renaissance des Automobils", glaubt der Gartner-Analyst. "Das Auto wird nicht mehr nur ein Fortbewegungsmittel, sondern ein digitaler Lebensraum sein." Denn es werde verschiedene Möglichkeiten geben, die neugewonnene Zeit im Auto anders zu nutzen - etwa zur Unterhaltung oder auch für Büroarbeit.
Die Boston Consulting Group rechnen damit, dass Fahrzeuge, die in einzelnen Situation wie etwa auf Autobahnen oder im Stau automatisiert Fahren, zum Jahr 2017 in größeren Mengen auf die Straße kommen. In zehn Jahren rechnen die Experten mit einem 42 Milliarden Dollar großen Markt für die Technologie.
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Smartes Zuhause und Wearables
Zudem zeigte sich bei den erwarteten Top-Themen der Messe wie der Vernetzung aller Alltagsgegenstände in einem smarten Zuhause sowie dem Boom direkt am Körper getragener winziger "Wearables"-Computer, dass diese Märkte noch in der Phase wilder Experimente stecken. In Las Vegas wurden zwar noch mehr vernetzte Geräte als vor einem Jahr gezeigt. Aber die meisten funktionieren nach wie vor nur in der abgeschotteten Datenwelt eines einzelnen Anbieters, die breite Vernetzung über Plattformen etwa von Apple und Google kommt nur Schritt um Schritt voran.
Zudem gibt es nach wie vor viele konkurrierende Standards. "Es ist frustrierend", sagt etwa Intel-Manager Mike Bell, der bei dem Chip-Riesen für das neue Geschäft mit vernetzten Gegenständen verantwortlich ist. Die Daten seien zu oft in den Silos der Anbieter gefangen - letztlich zum Nachteil der Verbraucher, die dadurch weniger Nutzen ziehen könnten.
Für den deutsch-schweizer Smart-Home-Experten Digitalstrom bietet die babylonische Sprachen-Vielfalt im Haus der Zukunft auch eine Chance. Auf dem Stand des Unternehmens wurde gezeigt, wie Thermostate von Google Nest beispielsweise mit einer Steuerung von Rollladen oder Ventilatoren an der Decke verknüpft werden können. Bei Digitalstrom wurden außerdem Kamera- und Bewegungssensoren der Microsoft Kinect, ein per WLAN anzusteuernder Wasserkocher und ein Musik-Zonen-System von Sonos in die Smart-Home-Steuerung integriert.
Flugdrohnen: Von Mini bis Maxi
Direkt hinter den Stand von Digitalstrom zeigten mehrere Dutzend Anbieter ihre Flugdrohnen. Seit der Premiere der "AR.Drone" des französischen Herstellers Parrot auf der CES 2010 ist dieser Markt geradezu explodiert. Das Spektrum reicht inzwischen von kleinsten Mini-Drohnen, die beispielsweise in der Lage sind, einen Mountain-Biker auf einer waghalsigen Abfahrt einige Minuten lang in der Luft zu verfolgen und dabei zu filmen bis hin zu furchterregend aussehenden Maxi-Drohnen, die größeres Gerät transportieren können.
Intel demonstrierte in Las Vegas eine Entwicklung, die das Logistik-Geschäft verändern könnte: Drohnen, die dank eines Kamerasystems auch beweglichen Hindernissen ausweichen können. Im vorgeführten Hexacopter Firefly der deutschen Firma Ascending Technologies stecken sechs Kameras, damit die Drohne selbstständig im dreidimensionalen Raum navigieren kann.
Aber auch beim Thema Drohnen zeigte sich auf der CES, dass inzwischen rechtliche und ethische Debatten die Begeisterung für technische Innovationen weitgehend überlagern. Während in manchen Ländern Drohnen-Piloten relativ ungestört herumfliegen dürfen, gibt es in anderen Ländern zum Teil merkwürdige Regelungen: So dürfen in den USA Drohnen-Amateure fast alles, während kommerzielle Flüge oder gar Einsätze durch Rettungsorganisationen bislang untersagt sind. Damit die privaten Drohnen-Piloten nicht zu viel Ärger bereiten, wurde auf der CES eine Kampagne für den korrekten Drohneneinsatz gestartet. Die Piloten sollten stets Rücksicht nehmen und wurden aufgefordert, vor jedem Start das Fluggerät zu inspizieren sowie vor dem Erstflug einen Kurs zu absolvieren. (dpa)