Essen. . Der Deutschen liebstes Vorsorgeprodukt - die Lebensversicherung - schwächelt weiter. Die Allianz senkt die Rendite um 0,2 Prozentpunkte.

Jeder Deutsche, vom Säugling bis zum Rentner, hat mindestens eine Lebensversicherung, zumindest statistisch. Denn mit mehr als 88 Millionen Policen gibt es hierzulande nach wie vor mehr Lebensversicherungen als Bürger. Dies, obwohl Verbraucherschützer die mit Abstand populärste Form der Geldanlage seit Jahren sehr kritisch bewerten und das hartnäckige Zinstief die Renditen immer weiter drückt und die Versicherer zusehends in Alarmstimmung versetzt.

Dass die Allianz am Mittwoch ankündigte, 2015 ihre laufende Verzinsung samt Überschussbeteiligung von 3,6 auf 3,4 Prozent zu senken, überrascht in der Branche niemanden mehr, gleichwohl ist es ein Signal des Marktführers, an dem sich die Konkurrenz in der Regel gern orientiert. Die zehn Millionen Lebensversicherten des Marktführers sind freilich Kunden eines nach wie vor hochprofitablen Unternehmens. Entsprechend wenig Verständnis äußert Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten: „Die Allianz zahlt ihren Aktionären eine Höchstdividende, lässt ihre Kunden aber leiden – das ist ein starkes Stück und ein fatales Signal“, sagte er dieser Zeitung. In der Tat will die Allianz insgesamt 3,2 Milliarden Euro ausschütten.

Fakt ist, dass bei Lebens- und Rentenversicherungen die Überschussbeteiligungen seit Jahren sinken. Der Garantiezins, der vom Bundesfinanzministerium festgelegt wird, liegt für Verträge, die seit 2012 abgeschlossen wurden, bei 1,75 Prozent. Zum Jahreswechsel fällt er für Neuverträge auf 1,25 Prozent. Das Problem der Versicherer: Im Schnitt müssen sie für die Abermillionen Altverträge noch Zinsgarantien von mehr als 3 Prozent erfüllen. Was sie für die hochverzinsten Altverträge beiseitelegen, fehlt dann als Überschussbeteiligung.

„Kündigung wird zum Normalfall“

Bessere Renditen zu erzielen, fällt den Konzernen schwer, weil sie verpflichtet sind, die eingezahlten Beiträge zum Großteil risikoarm anzulegen, sprich in Staatsanleihen und Schuldverschreibungen von Banken. Deren Zinsen sinken aber gleichzeitig mit dem Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB). Entsprechend laut klagen die Versicherungsmanager über die Zinspolitik der EZB. „Die negativen Folgen der Notenbankpolitik werden immer gravierender“, warnt Nikolaus vom Bomhard, Chef des Konzerns Munich Re, zu dem auch Ergo gehört. Continentale-Chef Helmut Posch sagte dem Spiegel: „Wenn die Niedrigzinsphase länger anhält, droht die Gefahr, dass wir japanische Verhältnisse bekommen und einzelne Lebensversicherer ihre Garantiezinsen nicht mehr erfüllen können.“

Manager, die sich so oder ähnlich äußern, betonen stets, dass es ihrem Unternehmen gut gehe, warnen aber, dass einige Anbieter in ernste Schwierigkeiten steuerten. Sie sehen sich bestätigt durch den jüngsten EU-Stresstest, der jedem vierten Lebensversicherer Probleme vorhersagt, wenn die Niedrigzinsphase noch acht bis elf Jahre anhalte.

Versicherten-Schützer Kleinlein hält das für Alarmismus. Es werde erneut eine Drohkulisse aufgebaut, um von der Politik weitere Zugeständnisse für der Deutschen liebstes Sparmodell zu bekommen. Die Konzerne wollten die Überschussbeteiligungen weiter drücken. Dass nach wie vor Millionen Policen verkauft würden, liege allein am aggressiven Vertrieb und der Unterstützung aus der Politik. Denn eigentlich, so Kleinlein, sei die Lebensversicherung für die wenigsten das passende Altersvorsorge-Produkt, auch wenn die Verkaufszahlen das genaue Gegenteil suggerierten. Aber: „Kaum jemand hält die Laufzeit durch, die Kündigung ist längst der Normalfall“, sagt Kleinlein.