Ruhrgebiet. . Die Deutsche Annington plant die Megafusion mit der Gagfah. Dortmunder Mieter kritisieren, das Unternehmen kümmere sich zu wenig um seine Wohnungen.
Inge und Wolfgang Schöner sind ein lang erprobtes Ehepaar. Was sie nicht weiß, kann garantiert er erklären und umgekehrt. Er, ein ehemaliger Steiger auf der Dortmunder Zeche Minister Stein hat es eher mit der Technik. Sie, früher Sachbearbeiterin bei der Bundeswehr, weiß, wie ein akkurater Schriftverkehr aussieht. Gemeinsam kämpft das Ehepaar seit Jahren gegen seinen Vermieter, die Deutsche Annington. Zur Zeit geht es um die geplante Wärmedämmung ihrer Fassade. Und Schöners sind überzeugt: „Die kennen ihr eigenes Haus gar nicht!“
In dieses Vierparteienhaus im Dortmunder Süden zogen sie vor über zwanzig Jahren. Die Kinder waren aus dem Haus, die alte Wohnung im Dortmunder Norden zu groß geworden. „Der Bergbau hat uns diese Steiger-Häuser empfohlen“, sagt Inge Schöner und meint ihren alten Vermieter, die Viterra. Gute Jahre waren das, sagt sie. Die Viterra habe sich gekümmert, habe neue Balkone angebaut, den Hausflur modernisiert und sei überhaupt immer ansprechbar gewesen. Mit Büro und Sprechstunden für die Mieter und einem Bauleiter, den man persönlich anrufen konnte.
Dann, Anfang dieses Jahrtausends, kam die Deutsche Annington. Seit dem ist vieles anders. So anders, dass der Schriftverkehr mit dem Vermieter inzwischen zwei dicke Aktenordner füllt. „Schon etliche Male haben sie versucht, unsere Miete zu erhöhen!“, sagt der 74-jährige Wolfgang Schöner. Immer legten sie Widerspruch ein. „Die haben an diesem Haus doch nie etwas gemacht!“, sagt er.
190 Euro Erhöhung bei 445 Euro Kaltmiete
Im Oktober dann erhielten sie ein neues Schreiben ihres Vermieters. Im Januar solle das ganze Haus wärmegedämmt werden. Die Kosten dafür betrügen 70.200 Euro, dafür „erhöht sich der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig“, so die Annington und kündigt den Schöners eine Mieterhöhung von 190 Euro monatlich an.
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190 Euro Erhöhung bei 445 Euro Kaltmiete, das ist nicht eben wenig. Doch es gar nicht in erster Linie dieser Betrag, der die Schöners in Rage bringt, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie vieles im Haus für desolat halten. „Der Dachstuhl ist völlig im Eimer, die Balken sind morsch. Und wenn es regnet, müssen wir alle in den Keller und Wasser schüppen. Aber dämmen wollen sie jetzt!“, sagt der frühere Steiger.
Zusammen mit ihren Nachbarn haben sie nun gegen diese Modernisierung Widerspruch eingelegt. Und der Mieterverein Dortmund unterstützt sie. „Die erwartete Energieersparnis liegt bei 56 Euro pro Monat, also viel niedriger als die Mieterhöhung um 190 Euro“, sagt Rechtsanwalt Martin Grebe vom Mieterverein Dortmund. „Das Schlimme ist jedoch, dass völlig an den Bedürfnissen der Mieter vorbeigeplant wird. Seit Jahren wurde an dem Haus nichts gemacht. Nun wird die Miete durch die energetische Sanierung hochgetrieben. Denn mehr Miete bedeutet eine höhere Rendite“, erklärt Grebe. Für den Mieterverein ein gängiges Muster bei der Deutschen Annington.
Für eine sozialverträgliche Mieterhöhung kämpfen
Rechtlich gesehen könnten die Mieter gegen die Wärmedämmung allerdings nichts tun, so Grebe. Man könne aber für eine sozialverträgliche Mieterhöhung kämpfen. Nicht unwichtig für Familie Schöners. Denn Annington hatte gleichzeitig auch eine Erhöhung ihrer Garagen-Miete von 45 auf 67 Euro pro Monat angekündigt.
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Die Deutsche Annington verwahrt sich gegen die Vorwürfe: „Vor jeder Modernisierungsmaßnahme nehmen wir eine ausführliche Bestandsaufnahme des Objektes vor. Wir halten uns bei Mieterhöhungen nach Modernisierung selbstverständlich an die gesetzlichen Vorgaben.“ Eine Undichtigkeit des Daches sei nicht festgestellt worden. Die Grundmiete von Familie Schöner sei in 19 Jahren lediglich um 19,14 Euro angehoben worden. Ein Sprecher des Wohnungs-Unternehmens: „Unser Objektbetreuer ist vor Ort und steht der Familie als Ansprechpartner zur Verfügung“.
Der Slogan: „Schön, hier zu wohnen“
Nett haben es Inge und Wolfgang Schöner in ihrer 99-Quadratmeter-Wohnung. Hier auszuziehen, kommt für sie nicht in Frage. Der Stadtteil Hombruch mit seinen Geschäften liegt quasi um die Ecke, das Theater in der City erreichen sie mit der Straßenbahn. „Nein“, sagt Frau Schöner, „hier zieh ich nicht mehr aus!“ Und fügt hinzu: „Aber alles, was hier schön ist, haben wir selbst gemacht. Sogar die Bäder gefließt!“
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Dann nimmt sie einen der Aktenordner in die Hand, blättert durch die Korrespondenz. „Schön, hier zu wohnen“ , der Slogan von Annington, steht, wie mit leichter Hand geschrieben, auf jedem Briefkopf. Aber die Schöners finden das gar nicht lustig.