Berlin. Der Absturz der Ölpreise zaubert den Autofahrern ein Lächeln ins Gesicht. Sie tanken zu Preisen vom Herbst 2010. Ohne die Schwächephase des Euro könnte es noch günstiger sein. Die niedrigen Benzinpreise sind gut für Wirtschaft und Verbraucher, die Ölförderländer hingegen geraten in Schwierigkeiten.
Der Ölpreis ist erstmals seit September 2010 unter die Marke von 80 Dollar je Barrel (159 Liter) gefallen und zieht damit auch die Preise von Benzin und Diesel an den Tankstellen nach unten. Rechtzeitig vor Weihnachten wirkt das für die Verbraucher wie ein kleines Konjunkturprogramm.
Mit durchschnittlich 1,47 Euro je Liter Superbenzin (E5) sei auch der Benzinpreis auf das Niveau von Ende 2010 gesunken, teilte der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Berlin mit. Für E10 liegt der Preis nochmal um drei Cent niedriger. Diesel kostet um die 1,30 Euro je Liter. Ginge es nach der Verbraucherlobby, sollten auch Flugpassagiere in Form sinkender Treibstoffzuschläge profitieren.
Die privaten Haushalte sind dank des robusten Arbeitsmarktes und steigender Löhne ohnehin schon konsumfreudig wie selten - und sind damit aktuell die wichtigste Stütze für die deutsche Wirtschaft. Ihre Kaufkraft steigt nicht nur beim Tanken - im Oktober kostete leichtes Heizöl immerhin fast elf Prozent weniger als im Vorjahr.
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Folge eines "Preiskriegs" zwischen Saudi-Arabien und den USA
Der rapide Preisverfall ist Folge einer drastischen Überversorgung mit Rohöl. Experten sprechen von einem "Preiskrieg", der von Saudi-Arabien gegen die USA geführt werde. Dank ihrer stark wachsenden Schieferölproduktion sind die USA nämlich dabei, die Vorherrschaft zu übernehmen. Fallen die Preise unter die Produktionskosten von US-Firmen, so interpretieren Branchenexperten das Kalkül der Saudis, könnte das den Boom beim US-Öl eindämmen.
Allein in der zweiten Jahreshälfte sind dem MWV zufolge mit dem schrumpfenden Ölpreis auch die Einkaufskosten für Benzin und die vergleichbaren Tankstellenpreise vor Steuern um jeweils zehn Cent je Liter gefallen. "Wenn der Benzinpreis scheinbar nicht so schnell gefallen ist wie der Ölpreis, liegt das vor allem am schwächeren Euro und an den Steuern auf Benzin. Derzeit betragen sie rund 88 Cent je Liter", sagte ein Sprecher. Ungeachtet kurzfristiger Abweichungen in beide Richtungen laufen Einkaufskosten und Tankstellenpreise langfristig parallel.
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Gut für Wirtschaft und Verbraucher - schlecht für die Ölförderländer
Der Ölpreis war über mehrere Jahre relativ stabil und bewegte sich meistens in einem Preiskorridor zwischen 95 und 115 Dollar für ein Barrel der Nordsee-Sorte Brent. Seit Mitte des Jahres ist der Ölpreis rückläufig, seit Anfang Oktober hat sich die Entwicklung rapide beschleunigt. Mittlerweile scheint ein Absacken auf 70 Dollar nicht mehr ausgeschlossen. Das ist gut für Wirtschaft und Verbraucher, bringt aber die großen Ölförderländer in Schwierigkeiten.
Wegen des gesunkenen Ölpreises hat ein Verbraucherschützer auch eine Senkung von Kerosinzuschlägen bei Flügen gefordert. "Wenn der Kerosinpreis sinkt, muss auch der Zuschlag reduziert werden", sagte Otmar Lell vom Verbraucherzentrale Bundesverband dem "Tagesspiegel am Sonntag". Der Zusammenhang sei eindeutig. Die Fluggesellschaften hätten in den vergangenen Monaten deutlich preiswerteren Treibstoff kaufen können, hieß es in dem Zeitungsbericht. Der Kerosinpreis sei seit August um fast zehn Prozent gesunken. Bei Fluggesellschaften machen Spritpreise nach Aussage von Branchenexperten ein Drittel der Kosten aus. (dpa)