Essen. . Die Unternehmensleitung von Karstadt fordert laut Betriebsrat niedrigere Gehälter bei längeren Arbeitszeiten. Gekürzt werden soll bei Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld, die wöchentliche Arbeitszeit könnte von 37,5 auf 40 Stunden steigen. Der Betriebsrat spricht von einem „Paket an Grausamkeiten“.
Gerade erst hat der neue Konzernchef Stephan Fanderl die etwa 17 000 Karstadt-Mitarbeiter in einem Brief auf tiefe Einschnitte im Unternehmen vorbereitet. Jetzt ist es der Betriebsrat, der sich an die Beschäftigten wendet. Es ist ein zweiseitiges Schreiben, das es in sich hat. Schon der erste Satz lässt erahnen, wie ernst die Lage bei der Warenhauskette ist. „Die Unternehmensleitung hat uns ein Paket an Grausamkeiten vorgelegt“, schreiben Betriebsratschef Hellmut Patzelt und vier weitere Arbeitnehmervertreter. Patzelt und seine Kollegen befürchten offensichtlich Einsparungen, die weitreichender sind als bislang bekannt.
Die Konzernleitung habe angekündigt, jetzt alle Karstadt-Filialen auf den Prüfstand zu stellen, teilte der Gesamtbetriebsrat mit. Wohlweislich folgt auf das Wort „Alle“ in dem Flugblatt ein Ausrufezeichen. Für die Filialen sei geplant, Personalkosten in Höhe von rechnerisch 1950 Vollzeitstellen zu sparen. „Unter Berücksichtigung der Teilzeitquote wären das circa 3000 Kolleginnen und Kollegen“, heißt es in dem Flugblatt.
In der Essener Konzernzentrale, die unternehmensintern als „Service-Center“ bezeichnet wird, soll jeder vierte Arbeitsplatz wegfallen. Derzeit sind etwa 1700 Stellen in der Karstadt-Hauptverwaltung in Essen-Bredeney angesiedelt. Beim Online-Portal Karstadt.de sollen den Angaben zufolge 90 Prozent aller Mitarbeiter ihren Job verlieren.
Mehr Teilzeit-Beschäftigte, weniger Abteilungsleiter
Außerdem verlange die neue Unternehmensleitung niedrigere Gehälter bei längeren Arbeitszeiten, berichten die Betriebsräte. Gefordert werde die Streichung von Urlaubsgeld, tariflicher Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) ab dem Jahr 2015 sowie der Verzicht auf Tariferhöhungen „über einen langen Zeitraum“.
Zudem soll die wöchentliche Arbeitszeit von derzeit in der Regel 37,5 auf künftig 40 Stunden erhöht werden. Mehr Teilzeit-Beschäftigte, weniger Abteilungsleiter sowie die Flexibilisierung von Arbeitszeiten seien ebenfalls Forderungen der Geschäftsführung. So sollen die Mitarbeiter vor allem dann im Einsatz sein, wenn der Kundenandrang groß ist. Auch die „Einführung von Selbstbedienungszonen“ und eine „Ausweitung von Fremdvermietung“ in den Karstadt-Warenhäusern werden in dem Betriebsratsschreiben thematisiert.
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In ungewöhnlicher Schärfe urteilen die Arbeitnehmer über die Pläne. Dies sei „kein Sanierungsprogramm“. Stattdessen ist von „Kahlschlag“ und einem „Frontalangriff auf alle Beschäftigten von Karstadt“ die Rede.
Der neue Karstadt-Chef Fanderl hatte unlängst erklärt, die Zugeständnisse der Beschäftigten seien notwendig, da Karstadt das zurückliegende Geschäftsjahr erneut mit einem Umsatzrückgang beendet habe und das Unternehmen nach wie vor Verluste schreibe. Bislang hatte Karstadt die Schließung von sechs der bundesweit 83 Filialen angekündigt. Von rund 20 weiteren verlustbringenden Standorten war die Rede.
Bereits für den kommenden Mittwoch seien Verhandlungen zwischen Arbeitnehmervertretern und der Unternehmensleitung geplant, heißt es in dem Betriebsratsschreiben. Karstadt stehen offenbar kurz vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft weitere unruhige Wochen bevor.