Essen. Nach der Ankündigung eines mehr als viertägigen Streiks der Lokomotivführer hat ein Ansturm auf Fernbusse begonnen. So gab es bei Meinfernbus.de eine deutlich größere Nachfrage nach Bustickets als üblich: fünf Mal mehr Zugriffe als gewöhnlich gab es auf die Website des Anbieters.

Der Streik der Lokführer, der heute fortgesetzt werden soll, beflügelt das Geschäft von Leihwagen- und Taxiunternehmen. Eindeutige Profiteure der seit Wochen andauernden Unsicherheit auf der Schiene sind allerdings die Fernbusse. Am Bahnstreik-Wochenende 18./19. Oktober verzeichneten sie Zuwächse von 30 Prozent.

Der Marktführer „Mein Fernbus“ steht nun wieder in den Startlöchern, nachdem die Lokführer-Gewerkschaft GDL am Montag zunächst ohne konkreten Termin einen neuerlichen Arbeitskampf angekündigt hatte. „Wir haben über unsere Netzwerke bereits zusätzliche Busse und Fahrer angefragt“, sagt Unternehmenssprecher Florian Rabe.

Ende der Streikpause beflügelt Fernbus-Geschäft

Um 50 Fahrzeuge soll die 308-Busse-Flotte aufgestockt werden. Obwohl die GDL erst am Dienstag bekanntgab, dass die Güterzüge ab Mittwoch und die Personenzüge ab Donnerstag in den Depots bleiben werden, registriert „Mein Fernbus“ seit Sonntag, als die selbst auferlegte Streikpause auslief, schon wieder einen Anstieg der Buchungen um drei Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Der Anbieter ADAC Postbus erwartet am Streikwochenende 50 Prozent mehr Fahrgäste. Beim Bahnstreik Mitte Oktober waren manche Online-Buchungssysteme der Fernbus-Anbieter zeitweise überlastet.

Befürchtungen, die Unternehmen nutzten die Gunst der Stunde, um die Preise zu erhöhen, weist Matthias Schröter vom Bundesverband deutscher Omnibusunternehmen, zurück. „Wenn die Sonderangebote vergriffen sind, zahlen die Kunden den Normalpreis. Unter dem Strich ist es nicht teurer geworden“, sagte er dieser Zeitung. „Natürlich werden die Preise langfristig steigen, sie werden aber immer weit unter denen der anderen Mobilitätsanbieter liegen.“

Kontingent günstiger Tickets

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Wie auch Fluglinien stellen Fernbus-Anbieter ein begrenztes Angebot von Plätzen zu Schleuderpreisen zur Verfügung. Sobald dieses Kontingent verkauft ist, wird das Ticket teurer, je mehr Kunden Plätze im Bus buchen.

Wer früh bucht, kann mit „Mein Fernbus“ schon für 15 Euro von Essen nach Berlin fahren. Sind die günstigen Billets verkauft, kann der Preis auf dieser Strecke bis zu 49,50 Euro ansteigen. „Das ist immer noch günstiger, als mit der Bahn zu fahren“, betont Unternehmenssprecher Rabe. Den Maximalpreis zahlt übrigens auch, wer nicht vorab per Internet bucht, sondern beim Fernbus-Fahrer sein Ticket löst. „Diesen Weg empfehlen wir aber nicht“, sagt der „Mein Fernbus“-Sprecher. Angesichts spontaner Streiks dürfte Bahnkunden in einigen Fällen aber nichts anderes übrig bleiben.

Aufschwung nicht nur wegen Streiks

Die Fernbusse erleben ihren Aufschwung aber nicht erst wegen der Streiks bei der Bahn. Das Berliner IGES-Institut untersucht regelmäßig die Entwicklungen in der noch jungen Branche. „Fernbusse decken inzwischen das internationale Netz der Deutschen Bahn fast vollständig ab“, erklärte das Institut Ende September.. „Zudem platzieren sie sich zunehmend als flexible und günstige Option zum Nachtzug.“

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Nach Erkenntnissen des IGES hat sich das Angebot der Fernbus-Linien in Deutschland seit der Liberalisierung im Januar 2013 auf derzeit 255 erhöht. Mehr als 7500 Fahrten werden bundesweit pro Woche angeboten. Mit einem Marktanteil von 45 Prozent gilt „Mein Fernbus“ als der größte Anbieter. Es folgen Flixbus mit 23 Prozent, die Busmarken der Deutschen Bahn (zwölf Prozent) und der ADAC Postbus (acht Prozent).