Der Bundesrechnungshof hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt in der Dienstwagen-Affäre formal entlastet. Ob sie eine Verstärkung für die SPD ist, bezweifeln selbst dort manche.

Auf dem Siedepunkt der Dienstwagen-Affäre von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt stürzte ihre Partei, die SPD, auf den schlechtesten Umfragewert seit Menschengedenken ab: 16 Prozent. Das war am vergangenen Mittwoch. Ob Frau Schmidt bei der Nutzung ihres S-Klasse-Mercedes für 72 dienstlich und knapp 4930 privat veranlasste Kilometer in und nach Spanien/Alicante Vorschriften missachtet hat, war zu diesem Zeitpunkt unbekannt. Mitte dieser Woche wird die nächste Umfragewelle inszeniert. Was keine Garantie dafür ist, dass die SPD nicht abermals weggespült wird; trotz offiziell neuer Lage.

Der Bundesrechnungshof hat nach zehntägiger Sonderprüfung ermittelt, dass die Ministerin ihr Dienstfahrzeug samt Fahrer „im Rahmen der einschlägigen Vorschriften genutzt” hat und dem „Bundeshaushalt folglich kein Schaden entstanden ist.” Laut Behördenpräsident Dieter Engels wird Ulla Schmidt mit Ausnahme der 72 Dienst-Kilometer den großen Rest als Privatfahrt deklarieren und versteuern. Kostenpunkt dieses geldwerten Vorteils für sie: geschätzte 1000 Euro.

Nachdem die Meldung mit entlastendem Charakter am Samstagmorgen an die Öffentlichkeit geraten war, machte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier seine Ankündigung wahr und beorderte Ulla Schmidt vor dem Hintergrund dieser „klaren und eindeutigen” Beurteilung umgehend in sein engeres Wahlkampfteam. In der Partei stieß dies erwartungsgemäß nicht auf ungeteilte Zustimmung. Weithin wird dort bezweifelt, dass die Aachenerin im Wahlkampf noch Pluspunte für die SPD gewinnen kann.

Der „Freispruch” des Bundesrechnungshofes, sagte gestern ein Parteifunktionär, der nicht genannt werden möchte, im WAZ-Gespräch, ist einer „zweiter Klasse”, weil das Empfinden weiter Teile der Wählerschaft „etwas anderes sagt und die Genossin sich mit Selbstkritik ungemein schwer tut”. Eine Einschätzung, die sich die Opposition, die den Fall am 26. August im Haushaltsausschuss des Bundestages akribisch nachverhandeln will, zunutze macht. „Muss denn wirklich ein Dienstfahrzeug nach Spanien und zurück kutschiert werden?”, fragt der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin in einem Zeitungsinterview. Und der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Alexander Bonde, sekundiert: „Nicht alles, was gerade noch legal ist, ist auch anständig.”

Ulla Schmidt hat im Vorgriff auf etwaige Kritik in ihrer sehr eigenen Art Rücksicht zu nehmen versucht. Sie habe gelernt, sagte sie am Wochenende, dass auch die ordnungsgemäße Anwendung von Vorschriften nicht vor Angriffen schütze. Und versprach, Urlaub und dienstliche Termine künftig strikt voneinander zu trennen. Ihr persönliches Fazit: „Ich bedauere, dass zunächst der Eindruck entstanden ist, die Vorschriften zur Verwendung von Dienstwagen würden nicht korrekt angewendet. Ich verstehe gut, dass dieser Eindruck bei den Bürgerinnen und Bürgern zu Verärgerung und Zweifeln geführt hat.”

Ihren gestrigen Dienstbesuch im Theatermuseum der „Augsburger Puppenkiste”, wo eine Ausstellung zu eröffnen war, die Kinder zum Sport ermuntern soll, hat Ulla Schmidt nicht mit dem Auto absolviert. Sie ist geflogen.