Mombasa. Reederei schirmt die Besatzung der "Hansa Stavanger" ab. Nach vier Monaten in Piratenhand bekommen die Seeleute als kleine Entschädigung zusätzlichen Urlaub und eine Prämie. Kapitän Jantzen bereitet sich derweil auf die Rückfahrt nach Deutschland vor - vorbei an Somalia.
„Langsam kommt das Lächeln wieder“, sagt Torsten Ites, Kommandant der Fregatte „Brandenburg“. Tatsächlich sind hinter den Scheiben des Busses, der am Samstag das Hafengelände von Mombasa verlässt, nur strahlende Gesichter wahrzunehmen: Die 24 Seeleute der „Hansa Stavanger“ sind offenbar wohlauf. Mehr als die vorbeihuschende Erleichterung ist von den in blauen und orangefarbenen Overalls gekleideten Crewmitgliedern allerdings nicht zu erfahren: Die Hamburger Reederei Engelhardt & Blumberg wollte den aus viermonatiger Piratenhaft Entlassenen die Fragenkanonaden und das Blitzlichtgewitter der auf sie wartenden Journalisten ersparen.
Fregattenkapitän Ites, der den Frachter seit seiner Freilassung am Montag von dem somalischen Küstenstädtchen Haradhere bis zur kenianischen Hafenstadt Mombasa begleitet hatte, war etwas auskunftswilliger: Die hygienische Situation auf dem Schiff sei fürchterlich gewesen, erzählt der Kapitän: „Die Seeräuber haben ihnen alles geklaut, selbst Zahnpasta und Zahncreme.“ Vier Monate lang habe die gesamte Mannschaft auf der Brücke des Frachters campieren müssen, fährt der Offizier fort: „Das Schiff war in einem Zustand, wie man es erwartet, wenn es Piraten in die Hände gerät.“ Als die Stavanger schließlich in Mombasa eintraf, musste sie noch eine Nacht vor dem
Hafen vor Anker gehen, um am nächsten Morgen von der kenianischen Polizei untersucht werden zu können: Die fanden tatsächlich noch mehrere Blindgänger und Patronenhülsen an Bord. Wie brutal es während der Geiselnahme auf dem am 4. April gekaperten Frachter zuging, hatte Kapitän Kotiuk bereits am Donnerstag in einem Satellitentelefongespräch mit dem ARD-Magazin Panorama geschildert.
„Ständig waren schwere Maschinengewehre auf unsere Köpfe gerichtet: Psychoterror rund um die Uhr.“ Immer wieder habe es auch Scheinhinrichtungen gegeben, fügte der Kapitän hinzu: Die Seeleute hätten dann hinknien müssen, während die Piraten mit Schnellfeuergewehren Salven über ihre Köpfe feuerten. Ihm selbst seien zweimal die Augen verbunden worden: „Man sagte mir, ich würde jetzt erschossen.“ Einer seiner Offiziere sei bei einem derartigen Anlass zusammengebrochen.
Angehörige der Seeleute hatten an der Verhandlungsführung der Reederei sowie an der Taktik der Bundesregierung immer wieder Kritik geübt. Nun will sich die Reederei großzügig zeigen. Die 24 Besatzungmitglieder aus Deutschland (5), Russland (3), der Ukraine (2), den Philippinen (2) und der südpazifischen Inselgruppe Tuvalu (12) sollen alle einen längeren Urlaub und eine Prämie einplanen können, ließ ein Firmen-Sprecher wissen: Wer gleich wieder anheuern wolle, könne auch das tun. Weniger rosige Aussichten hat der 59-jährige Schiffskapitän Bernd Jantzen, der sich in Mombasa darauf vorbereitet, den unglückseligen Frachter nach Deutschland zurück zu bringen – vorbei an der somalischen Piratenhochburg Haradhere, vor der sein Schiff vier Monate lang vor Anker lag. Aus Haradhere werden derzeit heftige Kämpfe mit mehr als zwölf Toten gemeldet: Nicht ausgeschlossen, dass sich die Freibeuter um die für den deutschen Frachter bezahlte Beute streiten.