Jerusalem/Rom. Wer durch die engen Gassen der Jerusalemer Altstadt schlendert, dem wird es schwer fallen, einen Hinweis auf den anstehenden Besuch des deutschen Papstes Benedikt XVI. zu entdecken.

Auf den Regalen der Geschäfte stehen keine Andenken mit dem Antlitz Joseph Ratzingers. Die Straßen sind nicht mit tausenden erwartungsvollen Pilgern gefüllt. Kaum eine Herberge in der Altstadt Jerusalems ist ausgebucht. Im Vergleich zum letzten Papstbesuch, als Johannes Paul II. in Begleitung von rund 47 000 Pilgern mit offenen Armen empfangen wurde, schneidet der Besuch Benedikts, der voraussichtlich nur von 10 000 Pilgern begleitet wird, im Vorfeld schlecht ab.

Daran sind zum einen die Umstände schuld. Weltwirtschaftskrise, die den Tourismus schädigt, und der festsitzende Nahostfriedensprozess tragen dazu bei, die Stimmung in der Region erheblich zu dämpfen. Dennoch ist der achttägige Papst-Besuch im Heilige Land, die heute in Jordanien beginnt und dann nach Israel führt, historisch. Benedikt XVI. ist der erste deutsche Papst im Land der Juden.

Skepsis und Argwohn

Er komme als „Pilger des Friedens" so hat der 82-Jährige die anspruchsvollste Reise seiner Amtszeit umschrieben. Er wandelt auf den Spuren seines Vorgängers, der 2000 die heiligen Stätten besuchte. Doch die Stimmung ist anders als vor neun Jahren. Auch Benedikt XVI. selbst hat dazu beigetragen, in die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche auf der einen, und Juden wie Muslimen auf der anderen Seite unnötige Spannungen einzuführen, die viele den päpstlichen Besuch mit Skepsis oder Argwohn betrachten lassen. Sprecher der Muslimbrüder erklärten den Papst in Nazareth für nicht willkommen. Er habe den Islam 2006 in seiner Rede in Regensburg verunglimpft und solle sich zuerst entschuldigen. Andere hoffen, den Papst im Nahostkonflikt auf ihre Seite ziehen zu können. So wird er beim Besuch in Bethlehem in ein palästinensisches Flüchtlingslager mit Blick auf die israelische Trennmauer im Westjordanland gebracht werden. Araber erhoffen sich von Benedikt eine klare Verurteilung Israels.

In Israel hingegen löste Benedikts jüngster Beschluss, Holocaustleugner wieder in die Kirche aufzunehmen, Empörung aus. Auch der Versuch mancher Bischöfe, den in Israel heftig umstrittenen Papst Pius XII. heilig zu sprechen, trägt zum Unmut über Joseph Ratzinger bei. Pius XII. wird hier vorgeworfen, sich während des 2. Weltkriegs nicht energisch genug gegen den Völkermord der Nazis an den Juden ausgesprochen zu haben. Hinzu kommen die starken Spannungen zwischen Christen und Muslimen vor Ort.

So gesehen ist die Reise des Papstes ein Drahtseilakt. Doch der 82-Jährige lässt sich nicht schrecken: „Ich möchte zeigen, dass die katholische Kirche sich für alle einsetzt, die Dialog und Versöhnung praktizieren, um in gegenseitigem Respekt und in Gerechtigkeit einen stabilen und dauerhaften Frieden zu schließen", sagte er. Benedikt XVI. trifft sich mit Staats-, Regierungs- und Religionsvertretern, mit Großmuftis und Großrabbinern, auch mit Repräsentanten christlicher Konfessionen. Er hält 28 Ansprachen, besucht die Holocauststätte Yad Vashem und auch er wird an der Klagemauer der Juden beten. Vor allem aber will er die knapp 160 000 Christen in der Region ermutigen, trotz schwieriger Lage und oft auch Diskriminierungen zu bleiben. Vier Messen im Freien sind vorgesehen. Rund 30 000 Gläubige sind für Nazaret gemeldet, jeweils gut 5000 für die Messe in Jerusalem im Ölgarten und jene auf dem Krippenplatz in Bethlehem. Dorthin dürfen - ausnahmsweise und mit Sondererlaubnis - auch rund 100 arabische Christen aus dem Gazastreifen kommen.

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