Essen. Die Wirtschaftskrise bescherte der wachstumsverwöhnten deutschen Hotelbranche in der ersten Jahreshälfte einen Dämpfer, weil ausländische Gäste und Geschäftsreisende wegbleiben. Erst im Juni füllten sich die Betten wieder: Urlaub im eigenen Land liegt im Trend.

Bundesweit verbuchten die Hotels und Pensionen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr einen Rückgang um zwei Prozent bei den Übernachtungen. Besonders betroffen sind, so der Hotelverband Deutschland, Flughafenhotels, 5-Sternehotels und die Regionen, die vor allem Geschäftsreisende empfangen. Denn viele Firmen streichen wegen der Krise Tagungen, Kongresse, Feiern und Ausflüge.

Beste Auslastung in Essen und Hagen

Einige Vergleichszahlen aus den "Hotelatlas Ruhr".

Essen. Der „Hotelatlas Ruhr” bescheinigt dem Revier zwar eine „starke Dynamik”. 17,5 Prozent internationale Gäste im Jahr 2008 seien aber „nicht auf dem Niveau einer Metropole”, so die Stiwa GmbH. Die meisten Übernachtungen (1,08 Millionen) zählte Essen. Schlusslicht ist Bottrop (81 000). Am besten ausgelastet sind die Hotels in Hagen und Essen, die meisten Betten bleiben in Mülheim und Velbert leer. Stichproben der Stiwa GmbH ergaben, dass ein Zimmer im Ruhrgebiet im Schnitt für 63,50 Euro pro Nacht zu haben ist. Duisburg und Essen wiesen das höchste Preisniveau auf.

Zwar waren die deutschen Hotels insgesamt im Juni sogar besser besucht als im Vorjahr, weil die Deutschen wieder mehr Urlaub im eigenen Land machen, etwa an der Ostsee. Aber eine Sprecherin des Hotelverbands warnt: „Wir haben noch einen sehr steinigen Weg vor uns. Selbst die beste Reisesaison kann die Ausfälle bei den Geschäftsreisen nicht ausgleichen.” Deswegen rechnet sie für die Gesamtbranche aufs Jahr gesehen mit fünf Prozent weniger Umsatz und „erhöhtem Preiswettbewerb”, wenn auch nicht mit einem Preiskrieg.

Denn im Juni kamen auf der anderen Seite sieben Prozent weniger ausländische Touristen ins Land als 2008. Dieser Befund des NRW-Statistikbetriebs bestätigt die Zahlen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Insbesondere Esten, Letten, Südkoreaner, Mittelamerikaner und Brasilianer zeigten der Bundesrepublik als Geschäftsreise-Ziel die kalte Schulter. Mehr Gäste gab es indes aus Bulgarien, Zypern und den Arabischen Golfstaaten.

Der Landes-Trend

„NRW ist mit seinen Geschäftszentren, Banken und seiner Industrie eher ein Ziel für Geschäftsreisende als für Urlauber”, sagt der Sprecher des Dehoga in NRW. Deswegen blieben hier im ersten Halbjahr mehr Zimmer leer als in vielen anderen Bundesländern. Die Auslastung sank um mehr als zehn Prozent (Bund: 7,3 Prozent), in Düsseldorf und Essen sogar um fast fünfzehn. Der Sprecher: „2008 war wegen vieler Messen ein Jahr mit Maximalauslastung, jetzt haben wir das Gegenteil plus Wirtschaftskrise und die Schweinegrippe.”

Der Ruhrgebiets-Trend

Der „Hotelatlas Ruhr” zeichnet für die „Metropole Ruhr” (Duisburg bis Unna) trotzdem ein eher positives Bild. Im Vorfeld der Kulturhauptstadt 2010 nahm der Immobilien-Berater Stiwa aus Oberhaching die Region genauer unter die Lupe. Diesem Atlas liegen allerdings nur Zahlen aus 2008 zugrunde, das Krisenjahr 2009 ist nicht erfasst. Die Untersuchung förderte dennoch einige Überraschungen zutage: So verfügt die Metropole Ruhr (698) über mehr Hotels als Berlin (648). In den letzten zwölf Jahren, so Stiwa, seien ein Viertel mehr Betten hinzugekommen.

Allerdings ist das hochwertige Fünf-Sterne-Segment im Revier mit nur 0,5 Prozent unterrepräsentiert. Häuser mit vier Sternen machen 11,9 Prozent des Hotel-Angebots aus. Mit knapp sechs Millionen Übernachtungen landete das Ruhrgebiet 2008 nach den Metropolen Berlin, München und Hamburg auf Platz vier – noch vor Frankfurt und Köln.

Für das Jahr 2013 geht das Institut Stiwa von einem Anstieg auf 6,4 Millionen Übernachtungen zwischen Duisburg und Unna aus und sieht bis dahin einen jährlichen Bedarf von rund 900 zusätzlichen Zimmern. Auch, weil kleine Familienbetriebe nach und nach aufgeben. In Planung oder Bau seien derzeit 14 Hotel-Neubauten mit einer Kapazität von 1600 Zimmern.